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Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Ein Ostergruß

Die Arbeit ruht. Der stillste Tag im Jahr -
Dreifach ein Heide, wer den Tag nicht hätte!
Und durch die Zeiten leuchtet wunderklar
Das Kreuz herüber von der Schädelstätte.

Dornen ums Haupt und um die Lippen Stolz,
Den Davidsenkel, ew'ger Reiche Erben,
Schaun wir am roh behau'nen Marterholz,
Wie dieb'sche Sklaven angenagelt, sterben.

Es schweift sein Auge, tränenleer und groß,
Hinüber nach dem reichverzierten Saale.
Dort saß er in der Halle Salomos
Lehrend so gern hoch überm Kidrontale.

Dort hat den Weg durch lauschend Volk gebahnt
Der neid'sche Adel mit den Priesterbinden;
Dort hat des Menschensohnes Herz geahnt
Der letzten Stunden Qual und Überwinden.

Dort wuchs der Zukunft stolzer Herrschertraum:
Er sah die Welt sich seinem Bilde neigen
Und wie Zachäus auf den Feigenbaum,
Zu grüßen ihn, die frohe Menschheit steigen.

Dort war er seines Vaters Himmelshaus
In der Getreuen schlichtem Kreise näher,
Und jubelnd streuten die Gewänder aus
Vor seiner Eselin die Galiläer.

Er hört den Zuruf, sieht die Palmen wehn;
Und ob ihn bald der Krone Dornen stechen -
Am dritten Tage wird er auferstehn
Und Grab und Tod und Menschenhaß zerbrechen!

Der Juden Wut, der Römer frecher Hohn
Umtost sein Kreuz. "Vater, vergib, sie wissen
Nicht, was sie tun!" haucht leis des Menschen Sohn-
Des Tempels Vorhang hat der Sturm zerrissen.

Ein Tag jetzt noch. Nur Stunden bis zur Nacht...
Schon ballt der Abend seine Wolkenbrände.
Ein letzter Seufzer und: "Es ist vollbracht,
Nimm, Vater, meinen Geist in deine Hände!"

Die Arbeit ruht. Der stillste Tag im Jahr.
Wir schaun dich hängen in des Todes Schmerzen.
Was je im Menschen groß und herrlich war,
Dir zum Gedächtnis wallt es durch die Herzen.

Du hast der Ärmsten Erdengang geschmückt,
Warst den Verirrten Führer durch's Gelände
Und hast aufs Herz des Sterbenden gedrückt
In Heilandsgüte die Erlöserhände.

Es strahlte sonnig durch der Erde Dunst
Der reine Schein von deinem Dulderhaupte,
Und durch den Wunderhimmel seiner Kunst
Empfing dich der, so keine Wunder glaubte.

Du, der für Millionen still gebüßt,
Den die Marieen nicht im Grabe fanden,
Wo noch ein Menschenherz dich suchend grüßt,
Bist du in Geist und Wahrheit auferstanden!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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