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Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Heinrich Heine an den deutschen Kaiser

Mich hat des Lebens Wellenspiel
An fremden Strand getrieben;
Ich war als Lebender schon im Exil
Und bin es als Toter geblieben.
Ich habe daheim die Philister gestellt
Und ließ meine Klinge glänzen,
Und war ein freier Bürger der Welt,
Die ohne Schlagbaum und Grenzen.

Doch trieb daheim der Kastanienbaum
Und grünten die jungen Linden,
Wie wollte sich da mein sehnender Traum
Zu rheinischen Hügeln finden!
Ich sah nicht, wie herrlich die Sonne scheint
Auf lächelnde Ufer der Seine
Und hab' um die alte Heimat geweint
So manche heimliche Träne.

Und war ich den Frommen ein Ärgernis schier
Und griff an die Zöpfe den Biedern -
Was gut und groß und deutsch an mir,
Das lebt in meinen Liedern.
Das kreist durch die Herzen mit eurem Blut,
Das rötet noch junge Wangen,
Das bleibt der Enkel köstlichstes Gut,
Wenn ihr längst schlafen gegangen.

Ich war ein Dichter und stieß ins Horn
In dunklen, nebligen Nächten;
Wohl hielt ich nicht Maß in Spott und Zorn
Und hatt' meine Freude am Fechten;
Doch deutsches Blut hat den Harnisch genetzt
Und tropfte von Riemen und Eisen;
Und wär' ich nicht selber so wundenzerfetzt,
Wie hätt' ich ein Dichter geheißen?!

Denn dichten heißt: bluten sein eigenes Blut
In wunderhelle Schalen;
Denn dichten heißt: werfen sein heiligstes Gut
In die Welt, wie die Sonne die Strahlen;
Denn dichten heißt: knien vor der einzigen Frau
Und Liebe mit Liedern lohnen;
Denn dichten heißt: meißeln am herrlichen Bau,
Drin die Geister der Enkel einst wohnen!

So hab' ich als Mann und als Deutscher getan,
Das bleibt mein Ruhm durch die Zeiten;
Was ficht euch da die Erinnerung an
An kleine Menschlichkeiten?
Vor jenen rauhen Tagen im März
Hat mancher Hieb gesessen -
Mein Sang war euer und euer mein Herz,
Ein Lump nur kann's vergessen!

Im Marmortempel, blütenumlaubt,
Sitz' ich im griechischen Garten
Und hebe mein leidensmüdes Haupt
Und will den Kaiser erwarten.
Nicht demutbebend und jämmerlich,
Nein, stolzen Sinns will ich sprechen:
"Willkommen, mein Kaiser, ich grüße dich,
Hier sollst du Rosen brechen!

"Hier blühen der roten Rosen so viel
Zwischen Zypressen und Eichen;
Hier wartet ein Dichter im Exil,
Du sollst die Hand ihm reichen.
Du sollst vollenden mit Rittersinn
Unter hellenischen Sonnen
Das Werk, das eine Kaiserin,
So stolz wie du, begonnen.

"Sie hat mir in homerischer Welt
Ein Obdach angeboten
Und hoch mein Bildnis aufgestellt
Am Fels der Korfioten.
Des Südens Wind liegt mir im Haar,
Es ragen die Zypressen -
Doch, Kaiser, daß ich ein Deutscher war,
Das hab' ich nie vergessen!"


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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