162 Bücher
|
Rudolf Presber
Aus
Traum und Tanz . 1. Auflage 1908
Laurus nobilis
Du lasest in Naturgeschichten
Und sonst auch anderwärts gewiß,
Wie hoch im Preisen und im Dichten
Uns steht der Laurus nobilis;
Die Pforten delph'schen Heiligtumes
Hab' er mit grünem Schmuck umrankt
Und heute sei ihm noch des Ruhmes
Begehrtestes Symbol gedankt.
O, laß dir nicht den Traum versüßen
Von solcher trügerischen Zier,
Von den asiatischen Gemüsen
Bringt er die meisten Schmerzen dir.
Denn was Apollos Priester lügen:
Wie seiner Zweige Kranz erfreut,
Ruhm ist nur selten ein Vergnügen
Zum wenigsten - der Ruhm von heut.
Ruhm ist, wenn Schulzes dir nicht gönnen
Das bißchen goldnen Sonnenschein;
Und Piefkes, die nichts sind noch können,
Dir Steinchen werfen hinterdrein;
Wenn Michel, feindlich allem Großen,
Setzt deine besten Kräfte matt,
Weil er den Schlüssel in den Hosen
Und auch ein Maul zum Pfeifen hat.
Ruhm heißt: in gloriam majorem
Der Toten stets verglichen sein,
Derweil in partem posteriorem
Die Gegner dir die Tritte weihn.
Ruhm heißt: von Schleifen, die da wehen,
Die Zipfel kriegen ins Gesicht;
Ruhm heißt: am zug'gen Pranger stehen
Mit starken Neigungen zur Gicht.
Ruhm heißt: daß alte Jungfern stören
Dich mit gereimtem Angebind,
Damit sie mündlich von dir hören,
Daß sie so arg talentvoll sind.
Ruhm heißt: Du siehst mit krit'schem Besen
Dein Tieftes ruppig ausgefegt,
Und darfst dieselben Phrasen lesen,
Die du schon zwölfmal widerlegt.
Doch halt, mein Freund! bist du begraben
Und liegst, ein stiller Mann, im Land,
Dann kommen schön geölte Knaben
Mit schweren Kränzen in der Hand.
Und daß man dir ein Denkmal baue
Verlangen die Propheten dreist,
Weil du "ein Stolz der heim'schen Gaue"
Und sonst kein Lump gewesen seist ...
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
|
|