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Gedichte, Lyrik, Poesie

Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Sprüche

Der Himmel

In der Menschheit Gewimmel
Zwischen Lust und Pflicht
Reden sie viel vom Himmel,
Aber sie finden ihn nicht.

Willst du die Flügel breiten,
Suchend dein Heimathaus:
Über den Einsamkeiten
Spannt sich der Himmel aus.




Das Köstliche

Wer nur um Unerläßliches
Sich müht in Tagesfron,
Dem fehlt ein Unvergeßliches
Als höchster Lebenslohn.

Wie zahlreich auch die Jährchen sind,
Gehäuft zu Leid und Lust,
Was Blüten, Träume, Märchen sind,
Das hat er nie gewußt!

*

Und hat dein Geschlecht die Welt überwunden,
Denk von den Kleinsten nicht gering;
Den Honig hat die Biene erfunden,
Und vor dir trank ihn der Schmetterling.

*

Wenn du mit Liebe ein Leben füllst,
Hast du es neu gedichtet;
Wen du erst heilig sprechen willst,
Der hat auch Wunder verrichtet.




Ahnenstolz

Du siehst so stolz auf mich hernieder,
Weil du des Königs einzig Kind ...
Wir treffen uns unter der Erde wieder -
Ob deine Knochen wohl weißer sind?

*

Du bangst, daß Ansehn dir's und Würde raubt,
Veränderst du im Urteil dich und Denken?
Weil du als Bub hast an den Storch geglaubt,
Soll deine Frau dir keine Söhne schenken?




Das Glück

Ich lernt' auf langer Wanderfahrt
Nach ernsten Kämpfen und tollen Streichen:
Das Glück ist eine Redensart
Für das, was andere erreichen.

*

Was wäre der steile Weg bergan
In Schweigen, Schweiß und Mühe,
Wenn nicht ein Röslein dann und wann
Uns nickte: "Sieh, ich blühe!"

*

Will einer von "Regeln der Schönheit" lallen,
Gleich fallen die Bürger von Schilda mir ein:
Die fingen gar emsig in Mausefallen
Des lieben Herrgotts Sonnenschein.

*

Lern zeitig deine Wünsche steuern
Und wahr' die Fackel in der Hand.
An seiner Jugend Freudenfeuern
Ist manches Leben schon verbrannt!

*

Es haben die größten Meister nicht immer
Für die lebende Mitwelt den Meisterbrief -
Was gilt Beduinen ein König der Schwimmer,
Der sich in die Wüste Sahara verlief?




Kein Merkmal

Odysseus, der die Heimat durfte schauen,
Zog einen treuen Sauhirt ins Vertrauen.
Doch wer kordial mit jedem Sauhirt spricht,
Ist deshalb lange noch ein König nicht.

*

Das sind nicht die Schlechten und ganz Verdorbnen,
Die ungedruckt ihrer Wege gehn,
Nur bei den Gebornen und bei den Gestorbnen,
Sonst niemals in der Zeitung stehn.




Dem Phantasten

Nur dem gibt gern das Glück den Segen,
Der vorbedenkt und überschaut -
Sahst du die Schwalbe Eier legen,
Bevor sie sich das Nest gebaut?




Kunst

Du lerntest mit heißen Wangen
Ästhetik und Gesetz -
Die Kunst läßt sich nicht fangen
Mit einem Schmetterlingsnetz.

In unverhofften Stunden
Ist dir die Muse hold -
Auch der das Pulver erfunden,
Hat's eigentlich nicht gewollt.




Philosophie

So manchem schwindet das Vertrauen,
Der nüchtern euer Tun ermißt;
Er sieht euch immer Brücken bauen,
Wo weit und breit kein Wasser ist.




Trost

Leid und Freude, Kindchen,
Müssen sich mal verbluten,
Selbst ein Schäferstündchen
Hat nur sechzig Minuten.

Zeit genug, zu betören,
Was noch gestern gescheit
Und 'nen Meineid zu schwören
Für die Ewigkeit ...

*

Die Stirn gefurcht, die Hand gestreckt zum Schwur,
Hörst du im Grabeston die Greise sprechen:
"Du treibst's nicht lang, weil alle Krüge nur,
So lang zum Brunnen gehen, bis sie brechen."

Ach, alter Sünder, nicht so tragisch nimm's,
Wenn dir solch Wort das Herz im Busen kränkte:
Es stehn viel bunte Krüge am Gesims -
Der Brunnen ist verschüttet, der sie tränkte.




Gottes Wille

"Alles geschieht nach Gottes Willen."
Freilich. Nur eins, mein frommer Mann:
Gehst du aufs Meer, so denk im stillen:
Gott will, daß ich - schwimmen kann!




Der Liebe Schatz

Der Liebe Schatz ist wirklich unermessen -
Nicht grad an Gold und solchem plumpen Tand;
Doch Eigenschaften, die er nie besessen,
Schenkt sie dem liebsten Gegenstand.




Ehrlichkeit

Wer rechten Lebensmut bewiesen
Und für die Wahrheit viel gewagt,
Der hat die gründlichsten Sottisen
In stiller Stunde sich selber gesagt.

Der Jugend Torheit zahlt die Spesen,
Und Lebenskunst verdient sich schwer;
Und wär' ich nie ein Narr gewesen,
Wo nähm' ich jetzt die Weisheit her?




Die Wahl

So ist das rechte Maß bestellt
Der Menschheit drängelndem Gewimmel:
Dem Mutigen gehört die Welt,
Dem Gläubigen gehört der Himmel.

Und weil man nun, mit allem Fleiß
Den Wert erforschend von den beiden,
Vom Himmel nichts Gewisses weiß,
Will ich mich für den Mut entscheiden!




Talent

Ich war im Danken allzu matt
Für die freundliche Gottesgabe;
Erst seit man mich munter bestohlen hat,
Weiß ich, daß ich was habe.


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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