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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
Der Fund am Pai-scha-ho
Still träumt Tschou-tsun am Pai-scha-ho -
Dort pflügt ein Bauer seelenfroh;
Den Zopf zur Schnecke aufgesteckt,
Das Aug' geschlitzt, das Kleid verdreckt.
Und weil sein Schuh in etwas stieß,
Das sein Pflugstier grad fallen ließ,
So wendet er, dies abzutun,
Zum Pai-scha-ho sich bei Tschou-tsun.
Und wie er mit bedachtem Schritt
Noch nassen Beins ans Ufer tritt,
Ei, sieh! - wie er so weiter hinkt,
Was da vom Strohschuh gleißt und blinkt!
Er stutzt; doch sieht er nichts Genau's;
Er zieht den alten Latschen aus,
Und pickt ein Steinchen aus dem Stroh -
Ganz nah Tschou-tsun am Pai-scha-ho.
Ist's Kies, ist's Sand, ist's Eis, ist's Glas?
Der Bauer denkt sich dies und das.
Und meint: Ich will 'nen Mandarin
Mal lieber ins Vertrauen ziehn.
Um dies zu guter Zeit zu tun,
Lenkt sein Gespann er nach Tschou-tsun.
Die Sonne sinkt schon lichterloh
Verblutend in den Pai-scha-ho.
Der Mandarin, gelb, fett und klein,
Besieht den Schuh, beklopft den Stein;
Läßt spiegeln drin den Sonnenbrand
Und nickt: "Das ist ein Diamant.
O Bauer, wie du glücklich bist;
So wandelt sich dein Rindermist!
Dies Körnlein fand ein blindes Huhn
Am Pai-scha-ho dicht bei Tschou-tsun!"
Die Brille rückt der Mandarin:
"Vom Mandschu wird's dir nicht verziehn.
Und hört' er's erst, beraubt dich schnell
Des schönsten Fundes der Rebell.
Doch wenn's der Fremde erst erfährt,
So ist dein Leben nichts mehr wert;
Der teilt mit Eifer, rasch und roh,
Die Ufer auf des Pai-scha-ho.
Sein bleibt dann alles: Fluß und Sand
Und Bauer, Mist und Diamant.
Drum hör! Zu diesem Edelstein
Pack rasch noch - ein paar Kiesel ein,
Und wirf ihn, eh's dir schaden muß,
Mit starkem Armwurf in den Fluß.
Denn wem's nun mal an Glück gebricht,
Dem nützt auch ein Brilläntchen nicht!
Und also bleibt's, wie anderswo,
Auch in Tschou-tsun am Pai-scha-ho ..."
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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