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Aus zwei Seelen
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus zwei Seelen . 1. Auflage 1914



Des Edlen Angedenken

Ritter Kunz war aus edlem Geschlechte
Ein ahnenstolzer Sproß;
Er hatte wohl hundert Knechte
Und Mägde noch mehr im Schloß.
Wohl tausend Küh' und Kälber
Und Rosse soviel wie der Zar;
Und tat beileibe nichts selber,
Weil er so edel war.

Der Hans zog ihm das Hemde,
Der Klaus die Stiefel an,
Marie hieß, die ihn kämmte,
Sophie, die für ihn spann.
Berthilde nahm die Kette
Ihm ab, ging er zur Ruh',
Eulalie macht sein Bette,
Ulrike deckt ihn zu.

Der Jörg kam mit dem Glase,
Wenn ihm ein Trunk behagt;
Der Hinz putzt' ihm die Nase,
Wenn ihn der Schnupfen plagt.
Als tapfrer Duellante
Trat für ihn ein der Klaus;
Der Wenzel warf Verwandte,
Die unbequem, hinaus.

Als Philosoph die Stoa
War's, die er sich erlas;
Meist lag er wie die Boa
Constrictor nach dem Fraß.
Er war an den Gelenken
Schon früh durch Gicht verschönt
Und hatte sich das Denken
Allmählich abgewöhnt.

Und einstmals war der Brave
Zum Atmen selbst zu faul,
Ließ Kühe, Kälber, Schafe
Und Knecht und Magd und Gaul.
Er lag in seinem Fette,
Ein hilfloser Despot,
Ganz steckensteif im Bette
Und war, man sah es, tot.

Der Pastor sprach am Grabe:
"Hier ruht ein seltner Mann.
Wohl dem, der solche Gabe
Dem Himmel danken kann.
Was auch das Leben schickte
An Schaden und Gewinn,
Er hielt fein still und nickte
Und nahm's in Demut hin ..."

Und auf der heim'schen Erde
Erhob sich bald ein Stein,
Drauf saß der Kunz zu Pferde
Und sah gar heldisch drein.
Er hielt die Hand am Schwerte
Zu Schlacht und Aderlaß,
Es deutet die Gebärde:
"Ja, mir kann keiner was!"

So trabt er grimm zu Fehden,
Dem Fraß und Schlummer Brauch,
Na, ja: "Die Steine reden";
Die Steine - flunkern auch.
Wenn in der Welt der Lüste
Kein Wörtlein mehr erscholl,
Lügt Säule, Mal und Büste
Uns noch die Hucke voll.


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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