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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
Die See
Verzagte haben sie gescholten
In Trennungsschmerz und Abschiedsweh;
Als treulos hat sie oft gegolten -
Mir war sie treu, wie keine je!
Sie hat viel Tausende verschlungen,
Die Scylla selber ist ihr Kind -
Und ward von Edelsten besungen,
Die, ruhmgekrönt, unsterblich sind.
Sie kann der Sanftmut Perlen hüten
Und schaut dich milden Lächelns an;
Sie kann in Leidenschaften wüten,
Wie's keine Macht der Erde kann.
Sie ist des Schöpfers reinster Wille,
Von keiner Kreatur beengt.
Sie ist der Sturm; sie ist die Stille,
Die königlich dein Herz beschenkt.
Sie ist das Ziel der Heldensiege;
Sie trotzt im Kampf dem Haß der Zeit.
Sie ist des Abenteuers Wiege
Und Abbild der Unendlichkeit.
Sie hat die Stimme der Drommeten;
Sie schmeichelt leis ins Herz sich ein.
Sie lehrt dich träumen, lehrt dich beten
Und fromm, als wie die Kinder, sein.
Sie zeigt der Hoffnung hellste Sterne
Und spielt mit dem vergangnen Weh.
Sie ist, so nah dir, weltenferne
In ew'ger Majestät - die See.
Und wenn des Landes Tagesplagen
Das wintermüde Herz getrübt,
Sie will auf blauen Armen tragen
Den Flüchtling traumwärts, der sie liebt...
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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