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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
Firducis Enkel
Aus Persien weht ein Geistergruß -
Vor tausend Jahren haben
Sie dort im blühenden Städtchen Tus
Den großen Firduci begraben.
Dem Sultan Mahmud von Ghasna stand
Der Sinn nach großen Dingen;
Er hörte Firduci vom Parsenland
Und seinen Herrschern singen.
Und sprach: "Willst Glanz und Sieg und Gefahr
Des Landes in Versen du malen,
Soll für jeden Vers ein Golddinar
Mein Säckelmeister dir zahlen!"
Firduci beugte sich dankend und blieb,
In einsamer Zelle hausend,
Des Sultans Gast und schrieb und schrieb
Der Distichen sechzigtausend.
Verschlissen war längst seines Turbans Tuch,
Die Hände welk vom Alter,
Da schloß er das herrliche Kaiserbuch,
Der Parsen Epos und Psalter.
Der Sultan liebte das Saitenspiel,
Doch mehr noch die Schätze, die rosten;
Es waren der Distichen ihm zu viel
Und dünkten zu hoch ihm die Kosten.
Drum ließ er den ausbedungenen Sold
Der heißen Dichterqualen,
Statt in dem versprochenen gelben Gold
In blassem - Silber zahlen.
Da streute Firduci den treulosen Lohn
Dem Bettelvolk in die Tiefen
Und floh, um die Greisenlippen den Hohn,
Nach Bagdad zu dem Kalifen ...
Und seit ins Exil Firduci schritt
(Dort starb er an Schoppung der Leber)
Die Sultans kamen in Mißkredit
Für Dichter als Auftraggeber!
Und sollen des Ostens Sonnen glühn
Im Feuer des Heldengedichtes,
So muß ein Sultan sich selber bemühn
Im Schweiße des Angesichtes;
Muß selber sitzen, inmitten der Frau'n,
Tief über dem Schreibheft die Nase -
Firducis singende Enkel trau'n
Keinem Sultan mehr über die Straße!...
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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