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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
Gruß an Frankfurt am Main
Sie sagen, daß dich, du schimmernde Stadt,
In eisenklirrenden Tagen
Der Mächtigsten einer gegründet hat,
Eh' er die Sachsen geschlagen.
Sie haben mit Ruhm dich und Ehre verwöhnt,
Und deine Kränze dauern;
Sie sagen, es wurden die Kaiser gekrönt
In deinen ragenden Mauern ...
Ich aber, wenn mich der Traum umspinnt
Und die Sorgen des Tags mich verlassen;
Ich dank dir das Beste: ich war ein Kind
In deinen Gärten und Gassen.
Viel Chroniken künden in Schrift und Kunst,
Die haben nichts vergessen:
Der Karolinger Glanz und Gunst
Und die goldene Flut deiner Messen;
Die zeigen, wenn rings die Lande erschlafft,
Vom Krieg die Throne wanken:
In Stolz und Reichtum und Bürgerkraft
Erhebt die Stadt sich der Franken.
Ich habe die Kunde, lorbeerschwer,
Mit kindlichem Danke gelesen -
Mir aber bist du, Herrliche, mehr:
Bist die Stadt meiner Jugend gewesen!
Ich sah des Frühlings lieblichen Schein
Im Gürtel deiner Gärten;
Ich trieb im schwankenden Boot auf dem Main,
Im Ruderschlag der Gefährten.
Und ich will - in die Nacht der Verbannung gestellt -
Wenn rings die Tannen brennen,
Unter allen Weihnachtsglocken der Welt
Deines Domes Geläut noch erkennen!
Denn wie mich die Laune des lieben Gotts
Durch Länder und Völker getrieben,
Ich bin ein Franke in Lachen und Trotz,
In Dank und Sehnsucht geblieben!
Und was ich bei Lenzeswiederkehr
In Liedern durfte sagen,
Das hat mir ein Wind vom Taunus her
In das ernste Leben getragen;
Das war ein treubewahrtes Pfand,
Das ich als Knabe empfangen,
Wo einstens an Frau Ajas Hand
Jung-Wolfgang hingegangen;
Das war ein spätgepflückter Strauß
Aus einem fränkischen Flore;
Das war nur ein Gruß an Garten und Haus
Zu Frankfurt vor dem Tore.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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