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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
Herbst
Ich weiß nicht mehr, wann ich zuerst vergaß
Mit müdem Mund mein Nachtgebet zu hauchen;
Ich weiß nicht, wann ich mich zuerst vermaß,
Ich werd' sein Flehen nie und nie mehr brauchen.
Weiß nicht die Stunde, die den Wahn gelöst,
Den meine Väter zitternd noch erlitten,
In der ich aufrecht, doch das Haupt entblößt
An Kathedralen bin vorbeigeschritten.
Jung war mein Mut und lockig war mein Haar;
Was frug mein Herz nach dem verlor'nen Eden!
Streng lauscht der Ahn in Bäffchen und Talar
Aus altem Rahmen auf des Enkels Reden.
Und Gott und Götter wichen meiner Welt
In der ein Trotz'ger ohne Himmelssegen,
In der Atome wilden Tanz gestellt,
In kurzes Blühn und ew'gen Sternenregen.
Und still und kalt ward's in der Seele Haus,
Als wär' ein Toter hier hinausgetragen -
Und heimlich oft fliegt meine Sehnsucht aus
Nach meiner Torheit warmen Frühlingstagen.
Mich fröstelt in der neuen Weisheit Kleid,
Der Herbststurm fegt das welke Laub zur Erden -
Mir klingt ein Spruch aus meiner Kinderzeit:
Herr, bleibe bei mir, es will Abend werden!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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