Hochzeitsgruß

Durchs junge Grün der Buchen
Fließt's jetzt wie weiches Gold,
Es will die Sonne suchen,
Wer noch im Winkel schmollt.
Sie zieht mit Zauberkreisen
Den Grübler vor das Haus.
Genug, ihr Überweisen,
Der Frühling wartet drauß'!
        Es lacht sein Licht:
        Versäumt euch nicht,
        Die Erde blüht und lädt euch ein -
        Wer will da ohne Liebe sein?

Und an den Gartengittern,
Um die die Rose spinnt,
Die jungen Knospen zittern
Und wiegen sich im Wind;
Sie wissen nichts vom Leide,
Sie wissen kein Verblühn
Und lassen das Geschmeide
Des Taus im Lichte glühn -
        Ihr Düften spricht:
        Versäumt euch nicht,
        Die Erde blüht und lädt euch ein -
        Wer will da ohne Liebe sein!

Und wenn die roten Bande
Der milde Abend schlingt,
Vom Berghang in die Lande
Ein letzter Sprosser singt.
Und wer für Winterlasten
Noch Freiheit nicht getauscht,
Der mag am Kreuzweg rasten,
Daß er dem Liede lauscht -
        Der Sprosser spricht:
        Versäumt euch nicht,
        Die Erde blüht und lädt euch ein -
        Wer will da ohne Liebe sein!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935

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