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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
Schlummerliedchen der Pierrette
Kleiner Liebling, mach ein Schläfchen,
Gib den müden Äuglein Ruh!
Hoch am Himmel ziehen Schäfchen,
Und die nicken all' dir zu;
Grasen auf der Wolkenwiese,
Wo die Sternenblumen stehn -
Keine Kön'gin und Marquise
Kann im Traume schön're sehn!
Sieh, mein Arm ist sanft dein Bette,
Hab' kein besseres - vergib ...
Deine Mutter, die Pierrette,
Hat dich lieb!
Kleiner Säugling, nur nicht weinen!
Deine Mutter kann's nicht sehn -
Ach, sie muß auf flinken Beinen
Vor die Menge tanzen gehn!
Deine Mutter hat kein Häuschen
Und sie zählt Dukaten nicht -
Arm, als wie ein Kirchenmäuschen,
Sind wir beide, kleiner Wicht.
Spange nicht, noch Ring und Kette
Uns als lachend Erbe blieb -
Deine Mutter, die Pierrette,
Hat dich lieb!
Kleiner Kerl, des Lebens Straße
Ist oft steinig, ist oft steil.
Du hast Pierrots kecke Nase,
Und sein Leichtsinn ward dein Teil.
Aber, Bübchen, laß dir künden:
Dies ist unser Privileg:
Gute Menschen wirst du finden
Rechts und links an deinem Weg.
In die Herzen tief, ich wette,
Stiehlst du dich als Herzensdieb -
Deine Mutter, die Pierrette,
Hat dich lieb!
All die Guten sollst du grüßen
Als der Schwachen treuen Hort,
Die vor deinen kleinen Füßen
Tun die bösen Steinchen fort;
Die nach wackrer Helfer Bräuchen
Schützen auch die fremde Brut;
Die das schlimmste Fieber scheuchen
Und dir mehren Kraft und Mut.
Sing' als Dank die Canzonette,
Die ich dir ins Herzchen schrieb:
"Meine Mutter, die Pierrette,
"Hat euch lieb!"
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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