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Rudolf Presber
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914
So geht's
"Es geht mir," sprach mein Vetter,
"So manches liebe Jahr
Mit dem verfluchten Wetter
Schon wirklich sonderbar!
Der Regen scheint verächtlich
Und hat mich nie entzückt;
Weil er mir so beträchtlich
Auf meine Stimme drückt.
Das Klatschen an die Scheiben
Bereitet Ohrenpein,
Ich muß zu Hause bleiben -
Doch fällt mir nie was ein.
Der Wind ist mir verdrießlich
Mit seinem Pfiff und Saus;
Es kann, so denkt man schließlich,
Passieren was im Haus.
Es reißt an Tür und Riegel
Und will durch Ritzen wehn,
Und Fensterglas und Spiegel
Kann leicht in Splitter gehn.
Reißt Rinnen mir vom Dache,
Schmeißt Ziegel hinterdrein;
Ich hör' das im Gemache -
Da fällt mir nie was ein.
Und starrt die Welt, die weiße,
In ihrem Winterkleid,
Ach, dann kommt meinem Fleiße
Die allerschlimmste Zeit.
Am Fenster schneit's. Der Ofen
Ist recht ein Nimmersatt.
Es schreibt doch keine Strophen,
Wer kalte Finger hat!
Da draußen wehn die Flocken,
Das Rheuma zieht im Bein;
Die Luft ist stubentrocken -
Da fällt mir nie was ein.
Ach, Kinder, nein im Lenze -
Wie mir der Lenz gefällt!
Da ist's mir doch, als glänze
Wie Spindler alle Welt.
Es fingert durch die Scheiben
Der liebe Sonnengruß.
Wer will am Schreibtisch bleiben?
Es zuckt in Hand und Fuß.
Ich lauf', den Lenz zu weihen,
Durchs junge Grün feldein,
Bloß, Kinder, bloß - im Freien
Fällt mir so gar nichts ein!"
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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