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Gedichte, Lyrik, Poesie

Dreiklang
162 Bücher



Rudolf Presber
Dreiklang . 1. Auflage 1904



Durch die Nacht

Ich gehe durch schweigende Gassen
Mit regenfeuchtem Gesicht.
Aus Häusern, öd und verlassen,
Dämmert ein einsames Licht.

Es stiehlt sich durch hölzerne Schranken,
Durch Scheiben, schmutzig und blind.
Am Brett die Geranienranken
Beben geblendet im Wind.

Es quillt aus spärlicher Spalte
Des Fensters arm und klein
Und wirft auf das schwarze, kalte
Pflaster den goldenen Schein.

Ich seh' es gleißen und beben,
Und zögernd weilt mein Fuß -
In all dem Schweigen ein Leben
Und eines Lebens Gruß.

Ein Jauchzen vielleicht, ein Trauern,
Ein Aug', das sterbend bricht -
Was deutet aus dunklen Mauern
Solch stilles, goldenes Licht?

Daß ein Fäßlein im kühlen Keller
Zum Fest die Frohen eint;
Daß über leerem Teller
Hungernd die Armut weint?

Daß hinter verriegelten Türen
Der Geiz Dukaten zählt;
Daß selig bei Küssen und Schwüren
Die Jugend sich vermählt?

Daß lächelnd im heiligen Frieden
Die Mutter den Liebling tränkt;
Daß gütig einem Müden
Der Priester die Augen senkt? ...

Kein Laut. Nur ein Gefunkel
Durch Fenster und Ladenspalt.
Ich schreite weiter ins Dunkel -
Der Wind weht feucht und kalt.

Die Straßen so finster; doch oben
Ist ein einsames Lichtchen entflammt.
Ein Sternlein hat sich geschoben
Leis durch die Wolkenwand.

Ich fühle sein Licht mich umgleiten.
Es grüßt und neckt mich schier,
Und plötzlich ist mir's im Schreiten,
Als spräch' es leise zu mir:

Das Licht, das Finger entzündet
Gebrechlicher Menschen, wie du,
Das hast du nimmer ergründet
In nächtlicher Straßenruh'.

Und glaubst, du ergründest das klare,
Urewige himmlische Licht,
Das tausend und tausend Jahre
Zu deinesgleichen spricht;

Das tausend und tausend Jahre
Noch grüßt von Welt zu Welt
Und bald auf deine Bahre
Und deine Urne fällt.


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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