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Und all' die Kränze ...
162 Bücher



Rudolf Presber
Und all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911



An Mathilde

Was mußt' ich lesen beim Kakao,
Den mir ein hübsches Mädchen bot:
Von Deutschland handelt die Serao,
Von deutschen Frauen - schwere Not!
Es schlotterten die plumpen Kleider
Von grobem Stoff und dürft'gem Schein
Um eck'ge Hüften (und so weiter ...)
Und um ein schlecht gebautes Bein.
Frisuren trügen sie, wie Wilde,
Und meistens Blüten im Gesicht ...
Bestimmt, da irrst du dich, Mathilde;
Ich kenn' sie auch, - so sind sie nicht!

Den deutschen Frauen fehle Hoheit,
Sie lachten laut und ohne Grund;
Es läge echt teuton'sche Roheit
Um ihren viel zu großen Mund.
Sie tanzten schwer und ohne Grazie
Und sängen Lieder ohne Sinn;
Und wie ein Zweiglein der Akazie,
So herb gestachelt sei ihr Kinn ...
Verzeih, wenn diesem holden Bilde
Ein Dichter zaghaft widerspricht -
Bestimmt, da irrst du dich, Mathilde;
Ich kenn' sie auch - so sind sie nicht!

Ich ließ so manches Lied vom Stapel,
Das froh des Südens Schönheit pries;
Und weiß - wie gut! - daß um Neapel
Der Mädchenschönheit Paradies.
Noch heut' im Traum zuweilen tanz' ich
Die Tarantella mit ... na ja -
Sie wäre heute achtundzwanzig;
Zu viel schon für Italia!
Und wenn ich heut die Sehnsucht stillte
Durch Wiedersehen fern im Süd',
Es wär', verlaß dich drauf, Mathilde,
Die Capriblume längst "verblüht" ...

Ich kann, Mathilde, deinen Jammer
Um unsre Frauen nicht verstehn;
In welcher deutschen Schreckenskammer
Hast du dich staunend umgesehn?
Willst du des Feindes Land betreten,
Bekehr' ich dich - mein Wort darauf -
Ich schließ' dir (Diskretion erbeten!)
Einmal ein altes Kästchen auf.
Da reiht ein Frühling - Bild bei Bilde -
Hell, lieb und blond den deutschen Strauß.
Und lachend spräch ich bloß: "Mathilde,
So sehn die deutschen Mädchen aus!"

Und was ich früh'r im Süden kannte
Und was mein Herz und Lied erfüllt,
Ist heut - 'ne dicke alte Tante,
Die sachte aus den Formen quillt.
Doch was als holde Lebenslüge
Im deutschen Lenze mir erschien,
Dem hat der Herbst die feinen Züge
Gesunder Reife nur verliehn.
Und was von Änne, Grete, Hilde
Dein wälscher Mund verächtlich spricht -
Bestimmt, da irrst du dich, Mathilde,
Ich kenn' sie auch, - so sind sie nicht!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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