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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Begegnung
Der Hochmut bebt um deine jungen Züge,
Dein Auge sieht mich feindlich drohend an.
Du blickst und schweigst. Und doch mir ist, als früge
Dein Schweigen mich: "Wer bist du fremder Mann?
Ich möcht' dich übersehn und muß dich fragen -
Ein Rätsel schläft auf deinem müden Mund,
Als wüßtest du von mir und meinen Tagen,
Als wär' dir mehr als Nam' und Herkunft kund."
Und meine Seele spricht zu dir im Schweigen."
Du hassest mich - ich freu' mich, daß du blühst,
Und segne deinen Lenz, weil du so eigen
Der längst gegangnen Mutter ähnlich siehst.
Die Drossel sang, die jungen Birken legten
Die grüne Fahne zitternd in den Wind -
Da sprachen wir von heimlich lang' gehegten
Geheimen Wünschen - und von dir, mein Kind.
Da sprachen wir von müd getragnen Banden,
Von neuen Lebens jäh erschautem Ziel -
Zwischen den Sehnenden hast du gestanden,
Ein arglos Kind in seinem Puppenspiel.
Und jene klare Lenznacht, die uns einte,
Wirft über dich noch Schauer ihrer Pracht;
Du ahnst erblüht, daß deine Mutter weinte,
In meinem Arm, als sie an dich gedacht.
Grau wird mein Haar, ich ziehe meine Gassen -
Oh, fürchte nichts, der Liebe bin ich satt.
Dein dunkles Ahnen mag den Wandrer hassen -
Er segnet dich, wie sie gesegnet hat ...
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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