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Und all' die Kränze ...
162 Bücher



Rudolf Presber
Und all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911



Der Getreue

Zwei Monde sind's - länger auf keinen Fall -
Da sah ich ein Bildchen aus Portugal.
Prall lag die grelle Mittagsonn'
Auf dem Schlosse von Lissabon.
Gesims und Fenster schimmerten hell -
Im Garten stand König Manuel.

In Uniform stand er, der arme Schelm,
Die Beine stramm, die Hand am Helm;
Nicht hoch die Stirn, das Bärtchen noch klein,
Und lächelte müd' in den Mittag hinein.
Und ihn umflügelnd standen sie
Von der Kavallerie, von der Artillerie,
Geleckt und geschniegelt die tüchtigen Herrn
In weißen Handschuhn mit Schärpe und Stern.
Und lächelten alle den jungen Mann
Mit zuversichtlichen Augen an,
Als wollten sie sagen: "Nun ja, Majestät,
Ihr seid ja so jung noch, und nichts ist zu spät.
Laßt's drohen und wühlen; was immer geschah,
Wir sind ja da - wir sind ja da!..."

Ein anderes Bild. Ein Schatten fiel
Vom Meer her. Der junge Herr in Zivil
Im steinernen Schloßhof, nüchtern und kahl.
Der König allein; kein General,
Kein Kammerherr und kein Lakai,
Nur eine riesige Dogge dabei.
Der König grüßt und lächelt nicht;
Wie Trauer umdämmert's das junge Gesicht,
Das müde fragend sich niederbiegt
Zu dem Tier, dessen Kopf auf den Pfoten liegt.
Argwöhnisch und plump und massig und treu,
An Nacken ein Stier, an Pranken ein Leu,
So lagert der Hund, ohne Dank und Gruß,
Vor seines jungen Königs Fuß ...

Acht Tage sind's - länger auf keinen Fall -
Da hört' ich Kunde aus Portugal.
Sie schossen auf des Königs Haus
Und sandten rebellische Haufen aus;
Und hißten jubelnd an blutigem Strick
Die grünrote Fahne der Republik.
Gesprengt der Palast, zersplittert der Thron,
Die Diener entlaufen, der König entflohn.
Am Steuer ein neues Bürgergenie ...
Schon gut, schon gut. Doch wo blieben sie,
Die lächelnd - ich hab's im Gedächtnis bewahrt -
Im Bild sich um ihren König geschart?
Geleckt und geschniegelt die tüchtigen Herrn
In weißen Handschuhn mit Schärpe und Stern;
Die lächelten alle den jungen Mann
Mit zuversichtlichen Augen an,
Als wollten sie sagen: "Nun ja, Majestät,
Ihr seid ja so jung noch, und nichts ist zu spät.
Laßt's drohen und wühlen; was immer geschah,
Wir sind ja da - wir sind ja da ..."

Der Krieg war ihr Handwerk. Die Republik
Sah sicher ihr blutiges Meisterstück?
Sie liegen gewiß jetzt, blaß und kalt,
Auf den Straßen, die Hand um den Degen gekrallt?
Sie tragen die Kugel in Stirn und Brust - -
Ach nein, sie haben es besser gewußt,
Sie wichen dem Jüngling alsbald von der Seit' -
Wie? Stand nicht sein Name im Fahneneid?
War nicht den Dankenden Degen und Stern
Verliehen im Namen des jungen Herrn?
War all das vergessen im Augenblick?
Es war. Es lebe die Republik!...
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Scheu vor Gibraltars Felsen liegt
Eine Lustjacht, müd in die Bucht geschmiegt.
Gehetzt als Flüchtling, als Englands Gast,
Ein junger König lehnt bleich am Mast.
Und mit den Augen, tränenleer,
Blickt er hinaus über Wogen und Meer.
Zu seinen Füßen zuckend und wund,
Ein kugelgetroffener, riesiger Hund.
Vom Blut verklebt den rauhen Pelz,
Der einzig Getreue Don Manuels.

Ich höre ein Lachen - mir ekelt davon -
Das war die Gefolgschaft aus Lissabon,
Kein General und kein Offizier,
"Ein unvernünftig schwanzwedelndes Tier!"
Ich hör' eures Hasses spöttisch Gekeuch
Und bin, wie immer, nicht einig mit euch.
Jahrhunderte adeln vielleicht die Tat,
Heut war sie ein Treubruch, heut war sie Verrat.
Gott schütze mein Herz vor eurem Bund -
Ich salutiere den sterbenden Hund!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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