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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Dichterliebe
Ich will dich meinen Liedern küren
Als hellen Stern, als heimlich Glück;
Doch hab' ich nie mit kecken Schwüren
Umnebelt dir den blauen Blick.
Ich wußt's: der Liebe hold Gebinde
Ist ein Geschenk der Frühlingszeit;
Wie käm' ein Rosenblatt im Winde
Zum Hochmutstraum der Ewigkeit?
Und doch, es blüht von deinen Wangen
Ein Gruß schon ferner Tage her.
Viel Liebe ist ins Grab gegangen,
Und keiner singt und kennt sie mehr.
Viel Rosen welkten schon am Mieder,
Das eine junge Brust geschwellt;
Doch deine Küsse werden Lieder -
Und diese Lieder singt die Welt.
Sieh, wenn der Fluß mit neuen Wellen
Einst frisch bekränzte Fähre bringt,
Drin Jugend fröhlicher Gesellen
Den Arm um ihre Mädchen schlingt;
Dann schwingt ein Sang sich aus dem Nachen,
Grüßt zu den Burgen hoch hinauf -
Auf liebedurst'gen Lippen wachen
Im Liede deine Küsse auf.
Und jung aus der Lebend'gen Munde
Blüht, was beglückt' uns und betrog;
Und heilig schwingt durch diese Stunde,
Was einst durch unsre Pulse flog.
Und Blumen schmücken rings die Gründe,
Und Blumen schmücken blondes Haar -
Und keiner weiß mehr, daß es Sünde,
Und jeder fühlt's, daß Frühling war!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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