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Und all' die Kränze ...
162 Bücher



Rudolf Presber
Und all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911



Die Kröte

Die Schöpfung war voller schöner Dinge,
Voller Blumen und Schmetterlinge.
In der Bäche silbernem Lauf
Spiegelten sich die Kinder der Halde;
Unter den stolzen Stämmen im Walde
Schlugen die Veilchen die Augen auf.
Rosen kletterten um die Steine,
Und die Lilien im Tugendscheine
Ließen des ersten Abends feuchten
Taugruß von zitternden Kelchen leuchten.
Schilfumflüstert lag blau der See,
Kraniche zogen über dem Felde,
Und mit den klugen Augen das Reh
Trat aus der Buchen grünem Gezelte.
Recht ein Junge mit roter Backe
Blies der Frühling die Hirtenflöte - -
Da kam der Teufel. Und nahm aus dem Sacke -
Eine Kröte.

"Unter des Herrgotts lachenden Blüten,
Unter der Halde schwellenden Spitzen
Sollst du, mein Recht an die Schöpfung zu hüten,
Dick und quallig und schleimig sitzen!
Sollst dich ärgern am Vogelsingen,
Sollst dich verdrossen im Lichte quälen
Und nach den schillernden Faltern springen,
Die sich im seligen Taumel vermählen.
Erdgebunden, als häßliche faule
Kreatur von allen gemieden,
Sinnlos quakend aus schleimigem Maule
Störe den kitschigen Abendfrieden!
Schmutzigen Löchern sollst du entschlüpfen,
Pockig und narbig im klebrigen Kleid,
Fröhlichen über den Heimweg hüpfen -
Heiße: der Neid!"

"Mit den Menschen, den kleinen und niedern,
Mit den runden verbogenen Rücken,
Voller Gier und schäbiger Tücken
Soll's dir gelingen dich anzubiedern.
Werden dich schätzen und dankbar grüßen,
Weil du so klebrig im Lenze sitzest
Und aus nimmer erschöpften Drüsen
Heimlich dein stinkendes Giftlein spritzest;
Werden dich heimlich gleich zärtlichen Müttern
Hegen und pflegen und atzen und füttern.
Hinter allem, was Gott erschuf,
Hören sie deinen Unkenruf.
Bis du all ihre Freuden vergällst
Und verspottest noch ihre Nöte;
Daß du sie meinen Kumpanen gesellst,
Satansgeschenk an die Lenznacht, Kröte!
Schrecke die Frohen, die tanzen und geigen,
Und besudle des Lenzes Kleid!
Und so lange sich Blumen neigen,
Falter sich wiegen, Adler steigen,
Finken singen aus den Gezweigen,
Menschen schwärmen und Sterne schweigen,
Klebe am Boden mit Faulen und Feigen -
Heiße: der Neid!"


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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