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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Ein Stoßgebet
Wär' es, Himmel, auch dein Wille,
Daß mich nie ein Kränzlein schmückt,
Schütz vor Neid, der schmutz'ge Brille
Auf die heißen Augen drückt;
Der nach garst'gen Flecken stöbert
In der Sonne liebem Schein,
Der das Zart'ste mir vergröbert
Und besudelt mir, was rein.
Schütz mich vor der rupp'gen Kläffer
Ungewaschner Brüderschaft,
Die bespötteln jeden Treffer,
Lästern jede frische Kraft;
Die das rote Leben meucheln,
Junge Kränze ziehn zum Staub
Und nur bill'ge Achtung heucheln
Vor der Urnen welkem Laub.
Die auf grob geflickten wollnen
Socken schleichen hinterm Ruhm
Und erspähn mit neidgeschwoll'nen
Augen jedes Heldentum;
Und der guten Stunde harren
Hungrig wie aufs liebe Brot,
Da sie zum Gejohl der Narren
Schleudern ihr Geschoß von Kot.
Und die kleinen schmier'gen Stänker,
Die des Nachbars Kleid bespein,
Glauben schon die wicht'gen Lenker
Menschlichen Geschicks zu sein.
Wähnen, daß die Atemwelle,
Die dem Munde faul entweht,
Tilgen kann, was froh und helle
In des Lebens Gärten steht.
Laß mich hinter ihren Faxen
Wittern stets den rechten Sinn:
Daß ich leidlich grad gewachsen
Und ein rüst'ger Wandrer bin;
Daß ich frohen Stimmen lausche,
Die durch meinen Frühling ziehn,
Und mit keinem Heuchler tausche,
Der bedauert: "Schad' um ihn!"
Laß mich rings die Welt mit wachen,
Unbestochnen Augen sehn.
Laß mich froh der Neider lachen,
Die geduckt am Wege stehn.
Wahr den Schmuck mir saubern Kleides,
Unmodern -? mir einerlei!
Und vom gift'gen Schmutz des Neides
Halt mir Sinn und Seele frei!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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