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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Ein Trunk
Ein froher Fürst der Portugiesen,
Schon ahnend seinen frühen Tod,
Der war ein Vorbild im Genießen
Der Freuden, die das Leben bot.
Er sprach: "Wie bald muß ich bezahlen
Den Tag mit einer langen Nacht,
So sei in unentweihten Schalen
Des Lebens süßer Trank gebracht!
Den höchsten Wert gibt die Umhüllung,
Die mystisch ihre Reize leiht.
Ein jeder Wunsch wird durch Erfüllung
Uns schon entwertet und entweiht.
Und wo ich je mit den Getreuen,
Mit Fröhlichen zu Tische saß,
Ließ ich die Becher stets erneuen -
Ich trink' nicht zweimal aus demselben Glas!"
Das ganze Leben ist ein Wandern
Zu ewig unbekanntem Ziel;
Und keine Stunde gleicht der andern
In bunter Tage Wechselspiel.
Raum neigt sich Liebes in Erbarmen,
Erweicht von deiner Wünsche Flehn,
Löst sich's schon scheu aus deinen Armen,
Zerfließt auf Nimmerwiedersehn.
Und was du selig heut' gefühlet,
Berührt dich kaum im Kuß und flieht,
Der Welle gleich, die dich umspület,
Der Wolke, die zu Häupten zieht.
Ein ewig Wallen, Gleiten, Fließen;
Weh dir, wenn je dein Herz vergaß
Den Zecherspruch des Portugiesen -
Du trinkst nicht zweimal aus demselben Glas!
Gedenk des Worts nicht nur inmitten
Der Prasser, die ihr Haupt bekränzt,
Im Schlemmerkreis der Sybariten,
Dir jauchzend den Pokal kredenzt;
Sprich es nicht sinnlos nach beim Mahle,
Dies Wort, versonnen und verträumt;
Sieh, auch dein Herz ist eine Schale,
In der der Saft des Lebens schäumt.
Einmal gefüllt von Gottes Händen,
Erneut es nimmer den Gehalt,
Wenn's in des Grabes engen Wänden
Liegt bei den Scherben, leer und kalt.
Gedenk des Schenken, der in Güte
Den edlen Becher dir erlas,
Daß ihn vor Schmutz dein Stolz behüte - -
Du trinkst nicht zweimal aus demselben Glas!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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