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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Frühmorgens
Frühmorgens, eh' die Tagessorgen
Wie Räder mir im Schädel drehn,
Sag' ich den Knospen "Guten Morgen",
Die schüchtern an den Büschen stehn.
Ich seh' den Saft sie grün durchdringen
An jungen Frühlings Festgerüst -
Und morgen wird die erste springen,
Wenn lächelnd sie die Sonne küßt.
Nicht eine, eine will ich brechen.
Ich hab' sie all' im Keim geliebt;
Sie sind ein grünendes Versprechen,
Das mir die frühe Stunde gibt.
Bald werden rings die Blüten räuchern
Die Lüfte um mein kleines Haus;
Dann strömt der Dank von meinen Sträuchern
Als milder Atem Gottes aus.
Und geh' ich so entlang die Reiser,
Mit zartem Hoffen grün geziert,
Dann dünk' ich mich ein junger Kaiser,
Der seine Truppen salutiert.
Wie bald - erfüllt ist alles Ahnen,
Der Garten träumt in Sommerruh;
Dann wehen eure grünen Fahnen
Dem Herzen Sieg und Friede zu!
Dann ist erfüllt der frohe Glaube,
Der durch den Winter trug allein,
Und dort im Winkel lädt die Laube
Zu sinnendem Verweilen ein.
Dann will ich mit verstaubten Flaschen
Dahin zu stillen Opfern ziehn,
Und eine Spröde will ich haschen
Im süßen Dufte des Jasmin.
Das ist die heil'ge Zeit des Jahres,
Wenn Sonnenkuß die Sträucher schwellt;
Es webt ein heimlich Wunderbares
Das goldne Band um Herz und Welt.
Allmorgens, eh' die Tagessorgen
Wie Räder mir im Schädel drehn,
Sag' ich den Knospen "Guten Morgen",
Die schüchtern an den Büschen stehn ...
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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