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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Heimweh
Ich fahr' auf blauen Wellen
An hellen Ufern her,
Muntre Delphine schnellen
Im Spiele durch das Meer.
Die Küstenstädtchen huscheln
Sich an die Felsen dicht,
Wie Perlen in die Muscheln,
Im weißen Mittagslicht -
Jetzt führt des Schöpfers Güte
Den Lenz ins Land hinein ...
Ich möcht' zur Zeit der Blüte
In meinem Deutschland sein!
Ich seh' die Palmen ragen
Ob einer reichen Welt
Und hoch den Himmel schlagen
Sein immer blaues Zelt;
Die weiche Luft versüßen
Die Myrtenblüten schwer,
Aus Lorbeerhecken grüßen
Der Heiden Götter her.
Doch sehnend im Gemüte
Bebt mir ein Klang vom Rhein -
Ich möcht' zur Zeit der Blüte
In meinem Deutschland sein!
Und Rosen ohnegleichen
Umklettern Stein und Tor
Und winden an den Eichen
Und Pinien sich empor.
Flammende Falter thronen
Auf leichtem Blütenstaub,
Kein Wind beugt der Limonen
Tiefdunkles schweres Laub.
Ich sehne mich: es wüte
Ein Frühlingssturm darein -
Ich möcht' zur Zeit der Blüte
In meinem Deutschland sein!
Dort sproßt an alten Buchen
Hellgrün das Laub und dicht;
Die Margueriten suchen
Der jungen Sonne Licht.
Wie Fahnen weht's vom Walde,
Die Kirschen blühn ums Haus,
Es streut die junge Halde
Die weißen Sterne aus.
Wo just das Wetter sprühte,
Lacht schon die Sonne drein -
Ich möcht' zur Zeit der Blüte
In meinem Deutschland sein!
Ein Gärtchen, tief im Lande,
Hab' ich im Traum gesehn -
Den Strohhut breit am Bande,
Schau' ich ein Mädel gehn.
Sie trägt und gießt viel Kannen,
Daß Beet um Beet ersprießt;
Ach, einer zog von dannen,
Den ihre Sehnsucht grüßt.
Verschwiegen im Gemüte
Schloß sie die Hoffnung ein:
Er möcht' zur Zeit der Blüte
In ihrem Deutschland sein!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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