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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Neue Liebe
Ich liebe dich - und meine Pulse jagen,
Seh' ich von fern nur flattern dein Gewand,
Die Sehnsucht läßt mich wund die Lippen nagen,
Berührt mich deine kleine feste Hand.
Doch manchmal, wenn ich still an deiner Seite
Den Feldweg geh', die Falter schaukeln sich,
Die Blumen glühn im Mittag - ist's, als gleite
Ein Frühlingsfriede lösend über mich.
Dann ringt sich von den Lippen, was zerbrochen
Im Schweigen mich so manches böse Jahr -
Mit meiner Schwester hab' ich so gesprochen,
Die meines Bluts und meines Wesens war.
Ich liebe dich - wenn schmale Wolkensäume
In lichtes Gold der junge Morgen taucht,
Dann liegst du in den Armen meiner Träume,
Von wilden Küssen purpurn überhaucht.
Doch manchmal, wenn ich dir in's Auge schaue,
Um das der Güte liebes Lächeln spinnt,
Dann steh' ich plötzlich, wunderliebe Fraue,
So wunschlos vor dir, wie ein glücklich Kind.
Und sanft wird alles, was mich roh befehdet,
Vergessen aller Kampf, aus dem ich kam -
Mit meiner Mutter hab' ich so geredet,
Wenn sie mich gütig bei den Händen nahm.
Und selig fühl' ich Feuer sich entfachen,
Und selig fühl' ich Feuer still zergehn -
Der Rausch ist schön und schöner das Erwachen,
Und doppelt reich siehst du mich von dir gehn.
An deiner Brust, zur Zuflucht mir erkoren,
Mein wundes Herz erstarkte und genas.
Du gibst so vieles mir, was ich verloren;
Du gibst so viel mir, was ich nie besaß.
Dir kann ich alles wie der Schwester sagen,
Die milden Blicks mir in die Seele drang,
Dir kann ich alles wie der Mutter klagen,
Die meinen Schmerz einst in den Schlummer sang.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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