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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Prag
Das ist ein schneeiger Wintertag
Mit Flimmern und Funkeln gewesen,
Da hab' ich die seltsame Kunde aus Prag
Mit staunenden Augen gelesen:
Die Tschechen toben. Die Zeit ist schwer.
Man muß eine Einsicht haben -
Die deutschen Studenten bummeln nicht mehr;
Sie bummeln nicht mehr auf dem Graben.
Ich war einmal ein deutscher Student
Und kämpfte mit alten Scharteken;
Gebeugt über Tafel und Pergament,
Saß ich brütend in Bibliotheken;
Doch pünktlich um Zwölf - das Spazierrohr her,
Beim Bummel die Sinne zu laben - -
Die deutschen Studenten bummeln nicht mehr,
Sie bummeln nicht mehr auf dem Graben.
Den Flaumbart gebürstet, geschlungen den Schlips
Und untergetaucht in den Strudel!
Dahinter zum Löwen geschoren der Schnipps,
Das Mistvieh, der Königspudel.
Da waren sie alle, Couleur bei Couleur,
Die Terz in die Wange gegraben - -
Die deutschen Studenten bummeln nicht mehr,
Sie bummeln nicht mehr auf dem Graben.
Und Mädchen huschen vorüber flink,
Errötend bei grüßendem Danke,
Unter blonden Wimpern ein lächelnder Wink:
Ich kenn' dich, fröhlicher Franke!
Ach, wenn doch die Straße voll Menschen nicht wär'!
Voll Pfälzern und Friesen und Schwaben - -
Die deutschen Studenten bummeln nicht mehr,
Sie bummeln nicht mehr auf dem Graben.
Vergessen hab' ich der Weisheit viel,
Und trocken ward Hirn und Kehle;
Doch jenes Grüßen und Augenspiel,
Das huscht mir noch durch die Seele.
Das flimmert wie Licht durch den Maientag
Und Lerchen jubilieren ...
Ich möcht' noch Student sein, - bloß nicht in Prag,
Wo sie ohne Bummel studieren!
Wer weiß, wenn einstens sonnenklar
Liegt unser Wirken und Dichten,
Ob nicht das Schönste ein Bummel war,
Sorglos zwischen den Pflichten.
Ob nicht das Beste, was wir gewußt:
Zwischen Franken und Schwaben
So ein Weg der Jugendlust
Mittags über den Graben.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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