Rosentaufe

Vom milden Regen in der Nacht
Sind jetzt am schlanken Stamme
Die roten Rosen aufgewacht,
Auflodernd wie die Flamme.

Sie überleuchten rings im Beet
Die gelben und die weißen,
So recht erblüht, die Majestät
Des Rosenmonds zu preisen.

Des alten Gärtners harte Hand
Hat, eh' sie noch getrieben,
Am Stämmchen auf ein schmales Band
Den Namen aufgeschrieben.

Und als ich jetzt, der Blüten froh,
Das Blättchen greif' am Faden,
Les' ich: "Madame Soundso;
Zwei Preise: Rom und Baden."

Ich reiß' vom Stämmchen das Papier -
Oh, aberwitz'ge Frage:
"Wie nenn' ich sie?" ... Doch nur nach dir,
Du Königin meiner Tage!

Das Haupt in Sommersonnenruh
In süßem Duftvergeuden,
So stehst und herrschst und leuchtest du
Ob allen meinen Freuden.

Von deiner Art, von deinem Geist
Will Duft der Rose künden -
Wie sie in Rom und Baden heißt,
Ich will es nicht ergründen.

Dort trag' sie der Medaillen Zier
Als stolze Preisgekrönte;
Ich aber nenn' sie nur nach dir,
Die mir das Leben schönte;

Die mir am Morgen sonnenklar
Nach Sturmnot und Verzagen,
Was Licht und Duft und Flamme war
In meinen Lenz getragen.


  Rudolf Presber . 1868 - 1935

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