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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Streber
Der edle Steinbutt sprach zum Störe:
"Dein Renommieren macht mir Pein.
Du brüstest dich, soviel ich höre,
Der Menschheit liebster Fisch zu sein.
Verbrechen nenn' ich das, ein schweres;
Solch Wort zu dulden höchste Schmach.
Mich nennt man den "Fasan des Meeres" -
Geh, frag in allen Klöstern nach!
Ich bin der Stolz der Fischfamilie;
Das heißt der Kochkunst höchster Sieg,
Wenn ich im Kranz von Petersilie
In eitel Buttersauce lieg'."
Und kiemenzuckend sprach zur Scholle
Nicht ohne ärger jetzt der Stör:
"Wie findst du dieses hochmutsvolle
Geschwätz des Steinbutts? Quel erreur!
Ich lass den armen Planscher schwafeln -
Wer weiß, er hat den Sonnenstich.
Am Silberspieß auf Fürstentafeln
Und meist gespickt erscheine ich.
Beim Prunkdiner der Majestäten
Mich reicht man stets nach altem Brauch;
Und schlimmstenfalls Geheimen Räten
Füll' ich den runden Schlemmerbauch."
"Nicht möcht' ich andre degradieren,"
Sprach da der Aal zum Kabeljau,
"Doch dieses öde Renommieren -
Ich mag es nicht, mir wird ganz flau.
Nicht daß ich Fürst und Räte hasse,
Doch fehlt mir der Lakaiensinn;
Ich halt' es lieber mit der Masse,
Der in Gelee ich wertvoll bin.
Dem Volke bin ich Freudenmehrer,
Geräuchert oder auch in Bier;
Und zählt Ihr ehrlich die Verehrer -
Beim Schlamm! so hab' ich mehr als Ihr!"
Ein Hering, der bei Eckernförde
Beschaulich in die Ostsee schwamm,
Der sprach, als er den Wettstreit hörte:
"Meschugge seid ihr allzusamm'!
Gespickt, gebraten und gesotten -
Das ist das Ende doch vom Lied!
Ob Lachs vom Rhein, ob Kieler Sprotten -
Wo ist des Schicksals Unterschied?
Seid nicht so hoch- und rümpfe-näsig,
Das Netz wird schlichten euren Zwist,
So hinterlistig und gefräßig,
Wie nun einmal die Menschheit ist! ..."
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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