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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Unter den Linden
Blendendes Licht über nassem Asphalt,
Schatten wachsen und schwinden -
Abendhimmel, dunkel und kalt,
Über den kahlen Linden.
Wimmelndes Leben die Häuser entlang,
Spießer und Bummler und Prinzen,
Beutebeladen mit zögerndem Gang
Damen aus den Provinzen.
Würde und Neugier und Dirnengunst
Drängt sich und schiebt sich und gleitet -
Falsche Steine und falsche Kunst
Lockend in Erkern gebreitet.
Winkender Blick unterm Federhut,
Schwätzer und rollende Wagen - -
Und ich ließ von der Menschenflut
Ziellos mich lenken und tragen.
Flatternd ein Lachen, zischend ein Fluch,
Ehrsam Gespräch von Philistern;
Ind'scher Essenzen Schmeichelgeruch,
Seidener Röckchen Knistern.
Schutzmannsstimmen, knapp und rauh,
Hupenton in der Ferne -
Hoch über allem, blinzeln ins Blau,
Kleine zärtliche Sterne.
Wie ich so mit dem Strome zog,
Ohne Fragen und Klagen,
Aus erleuchteter Straße bog
Schwarz ein verhangener Wagen.
Müden Schritts durch den Straßenschmutz
Bürger, den Blick an der Erde;
Dunkle Federn als Trauerputz
Über den Köpfen der Pferde.
Liliengefaßt eine Palme nickt
Und ein rosenroter
Strauß auf der Decke, kreuzbestickt -
Und darunter ein Toter.
Und mir ist, ich säh' sein Gesicht,
Bleich in den Kissen der Truhe;
Steinern fährt er durch Lärm und Licht
In den Hafen der Ruhe.
Keinem der Wandelnden stockt das Blut,
Keinem hemmt er die Füße;
Keiner der Gecken greift an den Hut,
Daß er den Scheidenden grüße.
Keiner erkennt von weither, weit
Dort den schweigenden Boten;
Rings das Leben hat keine Zeit
Für den Tod und die Toten.
Nur ein Dirnchen sah ihm nach
Aus geschwärzten Wimpern ein Weilchen;
Und eine zuckende Sehnsucht lag
Um ihr geschminktes Mäulchen ...
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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