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Rudolf Presber
Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
Zum Besten von ..
Das sind der Neuzeit große Lügen,
Die tiefe Heuchelei ersinnt:
Man ißt nicht mehr, sich zu vergnügen,
Man ißt, weil andre hungrig sind.
Wohltätigkeit kennt keine Schranken,
Die Tugend adelt, was sie tut;
Drum tanzt man - für die Leprakranken
Und konzertiert - für den Skorbut.
Man pokuliert für Überschemmte
Und bankettiert für Hagelschlag,
Und wechselt 's reine Oberhemde
(Wie Rotschild fast!) dreimal am Tag.
Man eilt - Töff-Töff - von Fest zu Festen
Und hetzt sich ab ohn' Unterlaß -
Natürlich allemal "zum Besten"
Von irgendwem und irgendwas.
Zum Besten unbekehrter Sünder
Des tibetan'schen Hochplateaus,
Zum Besten kleiner Kaffernkinder,
Zum Besten tauber Eskimos,
Zum Besten müder Knochensäger,
Zum Besten eines Wirbelsturms,
Zum Besten blinder Flußpferdjäger,
Zum Besten eines Bismarckturms;
Zum Besten armer Souveräne,
Die irgendwo das Volk verjagt,
Zum Besten alter Oderkähne,
Die morsch und leck den Dienst versagt;
Zum Besten Buckliger im Westen,
Zum Besten Stotternder im Nord,
Zum Besten - immerzu "zum Besten",
So geht das nun in einem fort!
Es locken Kärtchen weiß und zierlich -
Drei Wochen sind schon aufgeteilt!
Nichts ist auf Erden so plaisierlich
Wie Not, die man mit Tanzen heilt.
Doch kommt ein Tag, ein schicksalsschwerer,
Der arges Rachewerk gebiert:
Da tanzt man halt zum Besten derer,
Die sich "zum Besten" ruiniert.
Es kommt ein Tag ... Doch wozu schreien?
Es kommt halt alles, wie es muß.
Man kann verdammt schlecht prophezeien,
Wenn man vor Gähnen weinen muß.
Genug, genug von euren Festen!
Ich geh' um Zehne heut nach Haus
Und schlafe mich zu meinem Besten
Mal gründlich aus!!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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