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Rudolf Presber
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in vita . 1. Auflage 1902
Der Letzte
Schon sickert durch die Fluren
Das letzte Quellchen Blut,
Still wird's im Land der Buren,
Die letzte Büchse ruht.
Kein Himmel hat Erbarmen,
Die Saat liegt längst zerknickt -
Um die zerschossenen Farmen
Die Flamme leckt und zückt.
Zwei schweißbedeckte Pferde,
Am Berghang angepflockt,
Und finster an der Erde
Ein alter Graubart hockt.
Hält schmerzvoll eingegraben
In seine schwielige Hand
Den Blondkopf seines Knaben,
Den just die Kugel fand.
Und als sein Aug' gebrochen,
Sein letzter Hauch verweht,
Der Alte hat gesprochen
Kein Wort und kein Gebet.
Er hebt das Kind, vom Blute
Die Locken wirr verklebt,
Stark vor sich auf die Stute,
Als hätt' es noch gelebt.
Die schmalen Wege trabend,
Die Glut loht ihm voraus,
Er reitet durch den Abend,
Er reitet still nach Haus.
Die Sterne lachen heiter,
Ihn macht die Träne blind;
Und flüsternd spricht der Reiter
Zu seinem toten Kind:
"Wir reiten, Pieter, reiten
Durch unsere kleine Welt
Zum letztenmal, wir beiden,
Weil's Gott nun so gefällt.
Doch wo heut' nacht vom Pferde
Dein Blut herniederrollt,
Da sei in Fels und Erde
Verflucht, verflucht das Gold!
"Und wenn sie's bald nun graben
Und packen's lüstern an,
Blut klebt von meinem Knaben,
Es klebt mein Fluch daran.
Es soll von Not zu Nöten
Sie hetzen und verwirrn,
Soll ihre Männer töten
Und ihre Weiber kirrn.
"Soll ihren Stamm verderben,
Geb' ihnen nimmer Ruh',
Und Knaben mögen sterben,
Doch nicht so stolz, wie du.
Und was sie heute suchen
Bei uns mit geiler Gier,
Sie sollen's einst verfluchen,
Mein totes Kind, wie wir.
"Wir reiten, Pieter, reiten
Durch unsere kleine Welt
Zum letztenmal, wir beiden,
Weil's Gott nun so gefällt.
Doch wo heut' nacht vom Pferde
Dein Blut herniederrollt,
Da sei in Fels und Erde
Verflucht, verflucht das Gold!"
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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