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Rudolf Presber
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in vita . 1. Auflage 1902
Zu Böcklins 70. Geburtstag
Menschlein, komm, mit uns zu feiern,
Was sich heut begeben mag!
Kannst du Tagesjammer leiern
An des Meisters Ehrentag?
Die in Wald und Wasser lauern
Manch Jahrtausend rief er her:
Aus den Bergen die Centauern
Und die Nixen aus dem Meer.
Sieh, titanenhaft Gewimmel
Schwingt und ordnet sich zum Tanz;
Drüber spannt sich blauer Himmel,
Blauer Himmel Griechenlands!
Trotzig Volk von Tausendhändern
Blockt die Berge wild und kahl.
Und mit leuchtenden Gewändern
Steigt der Frühling dort ins Tal.
Über tauerfrischte Wiesen
Streut er seinen bunten Strauß,
Wo die Quellen munt'rer fließen,
Ruhen holde Kinder aus.
Dort im Brand der Mittagshitze
Schaust du Herd' und Hirten nahn;
Brüllend lacht vom Hügelsitze
Weit ins Land der große Pan!
Wie ein Schild von Silber breitet
Dort das ew'ge Meer sich aus,
Und vom Nixenspiel geleitet
Schwimmt der dicke Neck nach Haus.
Tausendfache Glut entfachen
Sieh der Schuppen Panzerkleid,
Und du hörst die Nixen lachen,
Wie er prustend Wasser speit.
Heimlich Wispern und Getuschel
Klingt dem Schiffer Schreck und Hohn -
Fernher bläst auf roter Muschel
Schrill der Amphitrite Sohn ...
Schau - und dort! kein Leidgewinsel,
Keiner Klage schwächlich Lied,
Wenn zur stillen Toteninsel
Leis der Kahn die Furche zieht.
Sieh der Felsen edle Linien,
Drin die Tore eingehau'n,
Die durchs Schattendach der Pinien
Wie gebroch'ne Augen schaun.
In der Barke die Gestalten,
Die ins ewige Schweigen ziehn -
Ach, wer wagt sie aufzuhalten,
Wenn sie still vorüberfliehn! ...
Menschlein, komm, mit uns zu feiern,
Was sich heut begeben mag!
Kannst du Tagesjammer leiern
An des Meisters Ehrentag,
Der, den Ketten seiner Zeiten
Und dem Leid der Welt entrückt,
In die heitern Ewigkeiten
Mit den treuen Augen blickt.
Mehrst du nichts an seinem Ruhme,
Der sich stolz die Welt bezwang,
Leg' ihm als bescheid'ne Blume
Vor die Füße deinen Sang!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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