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Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Abschied von meinem Zimmer

Noch einmal blüht mein Zimmer voller Rosen,
Ein Wellengruß südlichen Blumenmeers;
Der Sommersonne frühe Lichter kosen
Mit goldnen Fingern um die Stirn Homers.
Die kleine Sphinx, die tief im Mumiengrabe
Viertausend Jahr' lag in der Wüste Sand,
Und aus Pompeji dort der schlanke Knabe,
Ein welkes Myrtenbüschel in der Hand;
Franz von Assisi, auf den Schädelknochen
Des toten Bruders sanft die Hand gelegt - -
Ein Lebewohl euch allen nun für Wochen,
Die meiner Stube Träume mir gepflegt!

Du wirst nun stillestehn, du muntres Ührchen,
Das schon dem Vater frohe Stunden schlug.
Aus Tanagra ihr zierlichen Figürchen,
Ihr Mädchen mit der Maske, mit dem Krug;
Du hohe Frau von Milo, die entschwebte
Dem Meere einst und Götter lieben hieß,
Die einen Schiffbruch schon mit mir erlebte
Und mir ein Boot zu neuen Ufern wies;
Du, Freund Silen, bekränzt vom Mahle wankend,
Schwach schon im Schenkel, immer gut gelaunt -
Ich grüß' euch einmal noch und scheide, dankend
Für Liebes viel, das ihr mir zugeraunt.

Dem blüht die Liebe, lacht die Kunst vergebens,
Dem stets das Herz nach neuen Gütern drängt,
Der an den Bildern froh verrauschten Lebens
In Ehrfurcht nicht mit ganzer Seele hängt;
Den nie die Schattenrisse ohne Namen
Gemahnt zur Übung treuer Enkelpflicht,
Zu dem aus altem, schlichten Buchsbaumrahmen
Der Ahnherr nie mit milden Lippen spricht.
So grüß' ich euch, ihr Jungen und ihr Alten,
Die ihr im Bild euch von den Wänden hebt;
Wir haben oft zur Nacht uns unterhalten;
Und seid ihr tot - ihr habt mit mir gelebt.

Ja, lächelt nur: ein Abschied nur für Wochen - -
Kann ich dafür, wenn er mein Herz beschwert?
Wem hat das Schicksal jemals fest versprochen,
Sobald er ging, daß er auch wiederkehrt?
Wem hat ein glaubhafter Prophet verkündet,
Daß nichts von seinem stillen Glück zerstiebt,
Und daß er kommend alles wiederfindet,
Was er beim Abschied, mehr als sich, geliebt?
Die Tage wallen, rasche, blasse Schemen,
Von Nacht zu Nacht zu des Allmächt'gen Lob -
Und alles Schöne war ein Abschiednehmen,
Das unser armes Menschenherz erhob...

Und jetzt hinaus! Ich hör' den Sturzbach tosen,
Von Gletschergipfeln glüht ein Grüßen her.
Du stille Stube, wahre dieser Rosen
Geheimes Düften, bis ich wiederkehr'.
Ich will im Hochland auf beglückten Matten,
Den Himmel über mir, so hell und weit,
Zuweilen grüßen deinen fernen Schatten
Und deines Schmuckes traute Heimlichkeit.
Und komm' ich, braun und frei vom Winterharme,
Im grünen Hütel und ein Gamsbart drauf,
Dann nimm mich still in deine Mauerarme
Und schließ der Arbeit alte Freuden auf...


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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