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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Aschermittwoch
Still! die letzte Pritsche knarrte -
Kolombine schlüpft ins Haus;
Und die bunte Prinzengarde
Schläft ihr rheinisch Räuschlein aus.
Durch die Nacht ein Hörnerblasen -
Ei, der gute Wächter wacht!
Nur der Rinnstein in den Straßen
Schwatzt von der Konfettischlacht;
Manches Täschlein, blank und ledern,
Aber, leider, leer, so leer,
Bunte Schnitzel, Pfauenfedern,
All das schwemmt er so daher...
Und die guten Leutchen tragen
Blasse Häupter morgen um;
Und sie sagen und sie klagen:
"Ex ist, was so schön und dumm;
Aus ist mit der Zeit der Narren
Geigenspiel und Liebeslohn;
Und jetzt heißt es wieder karren
In der alten Tagesfron.
Und mit sittsamen Gebärden
Ohne Schellenklang und Wein
Heißt es gar vernünftig werden,
Ach, und voller Tugend sein!"
Kinder, Kinder, eure Schmerzen
Sind mir eitel Hall und Schall.
Seht, in meinem Sünderherzen
Glimmt ein Fünkchen Karneval;
Blitzt ein ewiges Humörchen,
Das nicht Aschermittwoch kennt
Und mit reuzerquälten Törchen
Faschings Ende nicht beflennt;
Das, selbst von des Lebens Schlappen
Und von Nörglern ungestört,
An geheimen Narrenkappen
Noch die Schellchen läuten hört.
Glaub mir, wie sie sich verstecken
Hinter Würden, Kunz und Hans,
Guck nur recht, du findst den Gecken
Tief im Wams des Biedermanns;
An der Jungfrau Tugendröschen
Tönt ein Schellchen leis und fein,
An des Dandys neusten Höschen
Klingt's bei jedem Schritte drein;
Neckt den Schwärmer hinterm Sterne,
Fährt mit Helden übers Meer,
Und in weiter, weiter Ferne
Klingelt's hinter Särgen her...
Laß von Trübsal nicht betören
Deinen kurzen Erdengang,
Solche Glöckchen sollst du hören
Und dich freun am Silberklang;
Denn von allen guten Sachen,
Die er spendet erdenwärts,
Legt' als Bestes dir das Lachen
Einst der liebe Gott ins Herz.
Bis man dir die schwarzen Pferde
Zieht zur Reise aus dem Stall,
Trag durch diese bunte Erde
Dir dein Fünkchen Karneval!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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