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Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Dank an Delila

Jüngst sah ich alte Blätter an,
Von Priesterhand gedichtet;
Von Simson aus dem Stamme Dan
War Wunders viel berichtet.
Wie er, in Lieb' und Stolz verletzt,
Durch der Philister Grenzen
Dreihundert Füchse hat gehetzt
Mit Fackeln an den Schwänzen;
Wie er das Tor von Gaza trug,
Der Mauer ausgebrochen,
Und tausend rohe Feinde schlug
Mit einem Eselknochen.

Auch von der Dirne Delila
Las ich und ihren Taten,
Wie sie des Helden Schwäche sah
Und tückisch ihn verraten.
Das war gemein. Doch lebt sie fort
Trotz Schmach und Priesterrache
In eines Weckrufs muntrem Wort,
Das Weib vom Soreck-Bache.
Denn als sie Simsons Lockenzier
Ans Bett zu nageln dachte,
Rief sie: "Philister über dir!"
Und seine Kraft erwachte.

O trefflich Wort zu rechter Zeit
Am lauschigen Soreck-Ufer,
Für aller Jugend Fröhlichkeit
Wardst du zum Schlachtenrufer;
Der Jugend, die in müder Lust
Hinträumt in Liebesgnaden,
Fällst du wie Feuer in die Brust
Und lockst zu Trotz und Taten.
Nach Helm und Schwert und Manneszier
Greift das mit hellem Lachen:
Wie war's? "Philister über dir!"
Und - knacks, die Ketten krachen.

Und wenn ich manches Denkmal sah
Und wußt' mir's nicht zu deuten -
Ein Denkmal für Frau Delila,
Ich gäb' mein Teil mit Freuden!
Verriet sie auch vom Stamme Dan
Den stärksten jüdischen Richter,
Sie schlug den rechten Weckruf an
Für lebensfrohe Dichter.
Und eh' ich Lust und Mut verlier',
Verknöchre und erkalte,
Ruft nur: "Philister über dir!"
Und schon bin ich der alte!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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