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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Der Bleisoldat
Zum Schlaf eine Lade, ich weiß nicht wie,
Hat sich ein Bleisoldat erkoren;
Der letzte von einer Kompanie,
Die sich in alle Winde verloren;
Recht ein putziger kleiner Mann -
Fand ihn gestern und sah ihn an.
Drei Jahrzehnte sind es vielleicht,
Daß er im hölzernen Grabe gelegen.
Helm und Rock hat die Zeit gebleicht
Und aus der Hand gebrochen den Degen;
Nahm ihm auch des Tornisters Last.
War es ein Zuave? Ich glaub' es fast.
Recht, an der Jacke, knapp und blau,
An den schlotternden roten Höschen,
Kenn' ich dich wieder, Freundchen, genau:
Einer warst du von meinen Französchen,
Der aus der Schlacht mir heimlich entwich -
Jung war der Friede, und jung war ich.
Aus dem Ernste des Lebens fiel
Ruhmeskunde von Schlacht und Siegen
In mein kindlich törichtes Spiel;
Und die Banner des Reiches stiegen.
Und auf dem Weihnachtstisch, bei Gott,
Schlug ich mein Wörth und Gravelotte.
Ernsthaft trieb ich den bleiernen Scherz -
War ein träumerisch kleiner Geselle.
Bis in mein törichtes Kinderherz
Ebbte die große Begeisterungswelle.
Schoß in die Feinde mit Erbsen drein -
Horch, die Spieluhr...die Wacht am Rhein!...
Und behutsam leg' ich zurück
Dich zum Gerümpel tief in die Lade.
Sieh, mein verschollenes Kinderglück,
Zuave, wirkt dir noch einmal Gnade.
Meine Erben verachten dich - -
Jung war der Friede, und jung war ich.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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