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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Der Page
Mir träumt': ich war im ledernen Wams
Ein Ritter für Reich und Kaiser
Und trug als Wappen rheinischen Stamms
Drei grünende Rebenreiser.
Mir flammten die Narben kreuz und quer
Auf rauhen, bärtigen Backen.
Und hinter mir ritt ein Page her
Auf hiebzerfetzter Schabracken.
Das war ein Knabe seltener Art -
Wer so einen zweiten fände!
Die Augen so blau und die Wangen so zart
Und kindlich fein die Hände.
Und blitzten die Klingen des Gefechts,
Wie ließ er wehen mein Wappen,
Sah nicht nach links, sah nicht nach rechts
Und meisterte seinen Rappen.
Und trug mich mein bäumendes, schäumendes Tier
Durch brüllende Feindesgassen,
Ich wußte, mein Page war hinter mir,
Wenn alle mich verlassen.
Und war meine Stirne von Wunden naß,
Ich ließ sie dem sorgenden Kinde;
Wie legte mein Page, so blond und so blaß,
Ums Haupt mir die kühlende Binde.
Sie kannten ihn alle im Lager, all'.
Er wollte nicht spielen noch saufen;
Er schüttete schweigend den Rappen im Stall
Das Futter in die Raufen.
Die Weiber des Trosses stellten ihm nach,
Sie wollten das Bürschlein bedienen;
Er hing das Zaumzeug auf und sprach
Kein karges Wörtlein mit ihnen.
Ein Landsknecht lacht' in den Bart hinein:
"Dies Bübchen, so gar unansehnlich,
Wie sieht es des Goldschmieds Töchterlein
Zu Augsburg am Markte so ähnlich!"
Und zogen die Sterne wohl über die Welt,
Dann schoben behutsame Hände,
So weiß und so fein, von meinem Zelt
Des Vorhangs flatternde Wände.
Dann schlich mit dem Monde mein Page herein
Und lächelt' zum ersten Male
Und goß mir meiner Heimat Wein
In die silbergebuckelte Schale.
Er wusch vom Blute der Reiterschlacht
Mir rein den Helm und Degen - -
Dann hat der Page die ganze Nacht
In meinem Arm gelegen.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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