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Gedichte, Lyrik, Poesie

Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Die Muse

Sie kam zu mir auf leichtem Fuße
In einem Wölkchen Heliotrop.
"Mein Herr, ich wär' gern Ihre Muse;
Man sagt, Ihr singt wie Frauenlob."

Ich bot galant die Zigarette:
"Madame, ich werde überschätzt;
Doch wenn ich nichts geleistet hätte,
Es übt sich und man lernt's zuletzt.

Was in der Brust noch still versteckt ist,
Vielleicht, daß Eure Gunst mir's zeigt;
Denn wenn so reizend das Objekt ist,
Dann bin ich selten abgeneigt."

Sie ließ im Licht die Ringe funkeln
An sauber manikürter Hand:
"Nun gut, daß Ihr nicht tappt im Dunkeln,
Macht Euch mit meiner Art bekannt.

Ich nehm' die Welt auf meine Weise,
Und bin zu jung noch für 'Reform'.
Mein Blond ist echt. Ich lese Heyse
Und, bin ich melancholisch, Storm.

Ich lebe jetzt von meinen Zinsen
Und bin noch leidlich equipiert,
Nachdem ich jüngst erst einen Prinzen
Und einen Sportsman ruiniert.

Zuletzt hatt' ich ein klein Geliebel
In Pest mit einem Pußta-Sohn;
Der Mensch roch zu infam nach Zwiebel,
Ich hielt's nicht aus und fuhr davon.

Geboren bin ich in den Anden
Und lernend durch Paris gehuscht;
Ich habe Klinger Akt gestanden,
Dreimal hat Lenbach mich getuscht.

Ein Lord hat sich für mich geschlagen
Und schickt noch Späher hinter mir;
Und ein Marchese hat getragen
Mein Täschchen bis vor Eure Tür."

Ich nahm ihr Händchen in die meinen,
Es war von wunderzartem Reiz.
"Nun, da Sie zu erwarten scheinen,
Daß ich mich äußre meinerseits,

Ich glaub' Euch alles bis aufs Jota,
Wie Ihr gelebt habt und gesiegt,
Und daß Euch heut der ganze Gotha
Samt Nachtrag noch zu Füßen liegt.

Ich bin auch überzeugt nicht minder,
Wie echt dies Gold der Locken glimmt,
Doch bin ich selbst für diesen Winter -
Es schmerzt mich - auf Brünett gestimmt.

Ich kann Sie leider nicht bedienen,
Doch ein Kollege nebenan
Macht 'ne Tragödie aus Ihnen,
Ein äußerst talentierter Mann.

Jed' Drama noch, das er gebucht hat,
Sah ich auf solche Art entstehn:
In jeder Frau, die ihn besucht hat,
Hat er sein Schicksal noch gesehn!

Nur eine Frau, die ungefährdet
Von seiner Dichtung in der Stadt,
Hat er dramatisch nicht verwertet,
Weil er von ihr sechs Kinder hat.

Wie ich in Ihren Augen lese,
Sind Sie von Neugier schon bewegt -
Ich winke also dem Marchese,
Daß er das Täschchen weiter trägt!"


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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