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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Du mußt die Augen niederschlagen ...
Du
mußt die Augen niederschlagen;
Ich aber trage stolz mein Haupt,
Der in der Torheit Taumeltagen
An deine Treue noch geglaubt.
Du konntest meine Kräfte morden,
Ich trug als Knecht die Liebeslast -
Doch sieh, ich bin dein Herr geworden,
Seitdem du mich verlassen hast.
Du kannst dich bergen nicht, noch retten,
Du rufst umsonst der Helfer Schwarm -
An der Erinnrung goldnen Ketten
Zwing' ich dein Bild in meinen Arm.
Und wie du einst mein Herz betörtest,
So bliebst du meinem Dienst geweiht,
Und weil du einmal mir gehörtest,
Gehörst du mir für alle Zeit.
Und ob du einem braven Gatten
Drei blasse Erben schon gebarst,
Durch meiner Nächte dunkle Schatten
Gehst du so herrlich, wie du warst.
Was dir die Zeit mit Geißelhieben
Ins Antlitz schrieb, ich seh' es nicht -
Dein Lachen selbst ist jung geblieben
Und jungfräulich dein Angesicht.
Und mögen alle Freuden welken,
Die reicher Jugend Füllhorn goß,
An deinem Gürtel blühn die Nelken,
Wenn ich im Schlaf die Augen schloß.
Ich hör' dein furchtsam Herzchen hämmern:
"Weiß keiner, daß ich hier bei dir?"
Und wenn des Morgens Lichter dämmern,
Schleichst du so traurig aus der Tür ...
Und mußt du stumm dein Haupt verhüllen
Ob all der Eide, die du brachst,
Es durfte mir ein Traum erfüllen
Die Freuden, die du heiß versprachst.
Und sehn wir uns in andern Welten,
Fern aller Not und Schuld und Gier,
Ich will dich nimmer treulos schelten -
Dein Lenz war mein. Ich danke dir.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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