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Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Es war einmal ...

Es war einmal - drei schlichte Worte
Und doch von wunderliebem Klang;
Sie klopften an geheimste Pforte,
Und sieh, die goldne Türe sprang.
Und vor uns weit ein Reich der Gnade,
Durch das Gesang der Sphären schallt,
Und tief versteckt im Laub die Pfade
Durch ewig grünen Zauberwald;
Es grüßt das Silberschloß vom Berge,
Dort schweben Feen aus und ein,
Und leise kichern bärt'ge Zwerge
Am Kreuzweg hinterm Runenstein.

Die Höhlen, drin die Zaubrer wohnen,
Stehn, dunklen Augen gleich, im Fels;
Und von versenkten Königskronen
Erzählt der Murmelspruch des Quells;
Im Hochzeitszug mit weißen Rehen
Sein Bräutchen führt der Gnom ins Zelt,
Und heimlich huscht auf leisen Zehen
Der blasse Mondelf in die Welt;
Leuchtkäfer tragen die Laterne
Von Busch zu Busch im Blütental,
Und flimmernd schreiben's goldne Sterne
Dem Himmel ein: "Es war einmal..."

Wo sind sie hin, die schönen Zeiten,
Da noch, von Sorgen unbeschwert,
Das kleine Herz mit Flügelspreiten
Im Zaubergarten eingekehrt;
Da, wie mit Nüssen und mit Birnen,
Die reich des Herbstes Füllhorn hielt,
Mit allen himmlischen Gestirnen
Des Kindes reine Hand gespielt;
Da noch mit frohem Augenleuchten
Am Gitterbettchen, klein und schmal,
Sich weiße Engel niederbeugten
Auf unsern Traum - -? Es war einmal.

Noch ein paar tausend arme Stunden,
Noch ein paar Wunden im Gemüt -
Und wir sind selber still geschwunden
Und wild von Blumen überblüht;
Kein Lebender kennt unsre Züge,
Und unser Werk verweht im Wind,
Und Märchen fast erscheint's und Lüge,
Daß wir einmal gewesen sind.
Vielleicht ein Bild in einem Eckchen
Blieb noch in eines Enkels Saal,
Das scheu im staubigen Versteckchen
Ein Kind bestaunt - Es war einmal.

Vielleicht ist, was wir Leben nennen,
Ein Märchen nur von Tag und Nacht,
Das, wo die ew'gen Sterne brennen,
Ein sel'ger Geist sich ausgedacht;
Das er, wenn her vom Paradiese
Die kühlen Abendlüfte wehn,
Den Englein auf der Himmelswiese
Erzählt noch vor dem Schlafengehn;
Das all mit seiner Wünsche Feuer,
In Angst und Sehnsucht und Gefahr
Nur ein erträumtes Abenteuer,
Ein Märchen nur des Himmels war ...


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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