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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Goethe in Rom
Von Zypressen gerahmt, von Pinienschirmen beschattet,
Hebt sich ein leuchtendes Bild fern vom Gewühle des Tags.
Lorbeer und Myrte verzweigt im Garten der Villa Borghese
Weben den südlichen Duft dir um dein nordisches Haupt.
Der du, ein Lebender, kamst als Fremdling über die Alpen,
Keiner war, Großer, wie du Bürger der ewigen Stadt!
Keinem sprachen wie dir die Gräber der appischen Straße,
Keinem neigten sich so lächelnd die Götter zum Gruß.
Jupiter Xenius winkt, da sprangen die Tore der Tempel,
Die seit Jahrhunderten kein Sterblicher schauend betrat.
Was begraben im Schutt, verloren als Priestergeheimnis,
Was der Gote zerschlug, was der Vandale zerbrach,
Alles fügte sich leicht vor deinen sehnenden Blicken
Wieder zum schimmernden Bau, würdig der Herrscher der Welt.
Allen Göttern genehm und allen Göttinnen dankbar
Legtst du dein schönstes Geschenk doch auf der Grazien Altar.
Deutsche Liebe trugst du nach Rom. Die Kunst der Antike
Lieh dem Lebendigen gleich willig ihr rhythmisches Ohr.
Sei uns als Führer gegrüßt, du Stolz des dunkleren Landes,
Den ein Fürst in die Kunst südlicher Sonne gestellt.
Lehr uns das herrliche Land in ragenden Trümmern zu lieben,
Dem der nordische Gast Wahrheit und Schönheit verdankt.
Lehr unser träumendes Aug' das Unvergängliche suchen,
Das sich leuchtend erhebt ob der Geschlechter Geschick.
Lehr uns, Treue im Herzen für Art und Sitte der Väter,
In der Vergangenheit Bann Römer zu werden mit dir.
Längst gehörst du der Welt. Solang der Geist und die Liebe
Leben, gebührt dir ein Platz bei den Cäsaren in Rom!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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