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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Humor
Jüngst kam ein Philister und stützte den Kopf,
Schwer von Gedankenbürde,
Auf seines Stockes güldenen Knopf
Und fragte mich mit Würde:
"Es gröhlt durch die Welt ein lärmender Thor
Und freut sich an allen Dingen,
Nun sage mir du, was ist ,Humor',
Von dem die Lachenden singen?
Ich hör' ihr Gekicher und tolles Geschwätz
Und frag', ob sie gut oder schlecht sind;
Und ob sie reif für das Strafgesetz
Am Ende oder im Recht sind?"
Ich legte die Stirn in Falten und sprach:
"Gern deut' ich dir, was dich beschwerte,
Nur merk dir die Worte und denk ihnen nach
Und wäg sie nach ihrem Werte.
Humor ist was mit dem Sonnenstrahl
Hinhuscht über Greisenglatzen;
Humor ist ein Restchen Eierschal'
An den Federchen junger Spatzen.
Humor ist die Würde des Biedermanns
Im Angesicht ewiger Fragen;
Humor ist die Blume am Trauerkranz,
Den lachende Erben tragen.
Humor ist ein tanzender Elfenhusch
Durch den Stall verdauender Ziegen;
Humor ist ein Spinnweb am Rosenbusch
In das die Käferchen fliegen.
Humor ist ein Fünkchen himmlischen Lichts,
Wo nächtige Herzen bangen;
Humor ist ein süßes lockendes Nichts,
Im Grübchen der Liebsten gefangen.
Humor ist ein Wegeweiser im Tal,
Darauf keine Schrift mehr zu lesen;
Humor ist ein Teufel, der sicher einmal
Der lieblichste Engel gewesen.
Humor ist ein flatterndes Rosenblatt,
Vom Wind in die Weite geführet;
Humor ist - was man niemals hat,
Sobald man's definieret."
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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