162 Bücher
|
Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Ich war ein Kind ...
Ich
war ein Kind. In einem Zauberschlosse
Träumt' ich die Tage hinterm Heckenwall;
Und hundert fleckenlose weiße Rosse
Aus goldnen Krippen fraßen mir im Stall.
Und flinke Buben, Wappen auf den Hosen,
Die Pfauenfeder nickend am Barett,
Die schleppten buntes Zuckerzeug auf großen
Getriebnen Schüsseln - - Himmel, war das nett!
Im Park lag rot ein Teppich auf der Erde,
Und an den Fenstern drängt' sich das Gesind',
Wenn ich im Sammetwämslein stieg zu Pferde.
Lakaien buckelten ... Ich war ein Kind.
Ich war ein Jüngling. Aus den Buchenzweigen
Sang mir der Fink sein liebeselig Lied.
Aus Ackerkrumen sah ich Lerchen steigen -
Und nackten Arms am Amboß stand der Schmied.
Er schweißt ein Schwert zum Hort in Menschennöten,
Das den Philistern um die Zöpfe saust,
Zum Riesenbleuen und zum Drachentöten
Flammend und scharf in wetterharter Faust.
Und wenn's mich dann vom Land besiegter Mohren
Nach meiner Heimat grauen Mauern trieb -
Bekränzte Mädchen traten aus den Toren,
Eine voran ... Wie war sie blond und lieb!
Ich ward ein Mann. Viel goldne Türen fielen
Knarrend ins Schloß. Da war ich ganz allein.
Wie fernes Echo tönt's von Knabenspielen,
Und dort vom Wald klang noch ein Hornruf drein.
Die Felder rings in harter Arbeit Segen -
Ein Sturzbach rauscht, der von den Felsen fällt;
Und unter steilen, moosbeklebten Wegen
Still unter mir im Schweigen liegt die Welt.
Ein Sonnengruß streut seine goldnen Schäume
Aus Wolkenschalen über Feld und Tann -
Ich aber grüße meine toten Träume
Und schreite rüstig aus ... Ich ward ein Mann.
Doch wenn am Freundesherd die Kinderarme
Ein blonder Bub auf meine Kniee legt,
Und mich der Plaudermund, der rote, warme,
Nach Ritt und Weg und Abenteuer frägt;
Wenn er die Kränze sehn will, die erstrittnen
Und spannt das Händchen um des Schwertes Knauf,
Dann schließen wieder die im Kampf erlittnen
Geheimen Wunden ihre Quellen auf...
"Von deiner Märchen goldnen Nichtigkeiten,
Vom Zauberschloß und Park und Pagen sprich.
Was ich erfuhr, das sollst du nicht beneiden;
Nicht klüger bist du - reicher, Kind, als ich!"
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
|
|