Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Locken

Sitte ward's, berühmter Männer
Edle Locken sich zu sammeln,
Und ich höre schon die Kenner
Ungeheure Zahlen stammeln.
Bleibt der Handel schlicht und ehrlich,
Werden wild die Preise steigen,
Weil auf großen Häuptern spärlich
Oft sich nur die Haare zeigen.

An des Krieges Ruhmestempel
Sind die Locken ziemlich selten.
Cäsar, Moltke zum Exempel
Waren recht bewährte Helden;
Doch die Krieger, stolz und edel,
Deren jeder ein Genie war,
Wußten's leider, daß ihr Schädel
Kahl und haarlos, wie ein Knie, war.

Andre nach der Mode Faxen,
Die verschwendet bald, bald knickert,
Ließen lang die Haare wachsen,
Wie Chamisso oder Rückert.
Und im Handel wenig hören
Wird man ihren stolzen Namen,
Weil die Scheren von Friseuren
Wenig mit zu tun bekamen.

Anderwärts ist wohl zu holen
Leidlich gute Ruhmesware.
Jede Gräfin, so aus Polen,
Hat von Chopin ein paar Haare;
Von George Sand noch eine Träne
Kann der Käufer miterwerben.
Und von Rubinstein die Mähne
Ging, ich weiß, an viele Erben...

Meine Sammlung ist bescheiden:
Ein paar Löckchen, braun und golden,
Die mir Namen großer Zeiten
Nimmer protzend melden wollten;
Die noch niemals angezogen
Käufer, die um Proben flehen,
Und in keinen Katalogen
Heut mit hohen Preisen stehen.

Und der Händler käm' vergebens
Mir mit Angebot und Frage.
Sommerfäden meines Lebens
Flogen sie durch meine Tage!
Und ein Düften, das sie trugen,
Hat, wie Heimweh, sich gerettet -
Und wer weiß, wo heut die klugen,
Lieben Köpfchen sich gebettet...

Nicht Trophäen, dumm und eitel,
Sind die Löckchen, glanzumglitten,
Die von dem geliebten Scheitel
Zitternd kleine Hände schnitten.
Und im freundlichen Betrachten
Spielt mein Traum mit toten Lenzen -
Meines Herzens erste Schlachten
Leuchten auf aus diesem Glänzen;

Meines Herzens erstes Dichten
Drängt sich jubelnd in die Kehle;
Alles Bangen und Verzichten
Rauscht, wie einst, mir durch die Seele;
Und von ferner Gärten Rosen
Wallt ein Duft vom Strand des Rheines - - -
Für die Locken Karls des Großen
Gäb' ich keins der Löckchen - keines!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






Gedicht: Locken

Expressionisten
Dichter abc


Presber
Media in vita
Dreiklang
Spuren im Sande
Aus Traum und Tanz
Und all' die Kränze ...
Aus zwei Seelen

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Locken, Rudolf Presber