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Rudolf Presber
Spuren
im Sande . 1. Auflage 1906
Zwei Augen einst ...
Zwei
Augen einst in einem bleichen
Und frommen Antlitz sah ich stehn,
Ich habe niemals ihresgleichen
Von Menschenhand gemalt gesehn.
In seines Himmels stolzer Reine
Nahm sie der Herr aus güldnem Schrein
Und setzte sie als Edelsteine
Dem Kunstwerk seiner Schöpfung ein.
Der Stirne goldgerahmter Bogen,
Als köstliches Gefäß geschnitzt
Den Augen, die mir nie gelogen,
Die stille Liebe nur geblitzt.
Ihr Gruß war reinste Segenspende,
Denn in der Iris Farben lag
Ein Glanz noch jener Schöpferhände,
Die einst geschieden Nacht und Tag ...
Ihr Augen voller Himmelsgüte,
Die ihr des Müden Traum erfreut,
Die über meiner Jugend Blüte
Der Liebe Sonnenguß gestreut;
Aus denen all mein Glück geflossen,
Die mich gelehrt, was Recht und Pflicht,
Vielleicht, daß ihr euch längst geschlossen
In fernem Land - ich weiß es nicht.
Doch eines weiß ich: wenn verwehen
Des Lebens Kraft und Trotz und Gier,
Werd' ich noch einmal leuchten sehen
Die guten Augen über mir.
Dann werd' ich letzten Frieden trinken
Aus ihres Blickes blauer Ruh' -
Und wenn mir diese Augen winken,
Dann fallen still die meinen zu.
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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