Dämmerung

Ich weiß, du bist in den Ecken versteckt!
Ein Stündchen noch, dann kriechst du hervor
Mit bösem Lächeln, dein Schatten reckt
Sich an den Wänden des Stübchens empor,
Und deine sinnbethörende Stimme
Erzählt mir Märchen, lachende Lügen,
Die meine Seele mit Schleiern umspinnen
Und mit dem Grauen des Morgens zerrinnen.
Ich kenne dich, Teufel, und doch ... und doch -
Ich laß mich belügen. Immer noch!
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Draußen, über den Häusern und Gassen,
Lacht noch der fröhliche Sonnenschein.
Wie er doch Alles mit Glanz erfüllt,
Himmel und Erde in Schönheit hüllt,
Wie er mich grüßt, so fromm ... so rein -
Die Fenster reiß ich mit bebender Hand
Weit auseinander! Da fluthets herein
In goldnen Strömen, das Abendroth
Streut seine Rosen in meine Noth,
Und ich kniee hinein in das purpurne Licht:
"Sonne ... Sonne - verlaß mich nicht!"


  Anna Ritter . 1865 - 1921

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