Im Arm der Nacht

Sing mir ein Lied, so süßer Schwermuth voll,
Daß ich entschlafe!
Birg diese Augen, die den Tag gesehn,
In deinem Schooß und laß um diese Stirne
Den Friedensathem deiner Lippen wehn.

Sieh, einen holden Namen geb ich dir,
Ich sage: Mutter!
Und war ich sonst ein ungeberdig Kind -
Heut trage ich ein träumendes Verlangen
Nach deinen Händen, die so leise sind.

Es wachen Stimmen der Erinnrung auf...
Du kennst sie alle!
Und Sorgen drängen sich ins Kämmerlein,
Du aber scheuchst sie mit den frommen Augen,
Da bleichen sie dahin im Sternenschein.

Und lächelnd bettest du an deiner Brust
Mein klopfend Leben,
Und denkst der tausend Andern, die dein Mund
Zur Ruhe sang, wenn sie der Sonne müde,
Und die nun schlafen, tief im Erdengrund.


  Anna Ritter . 1865 - 1921

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