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Karl Stamm
Der
Aufbruch des Herzens . 1. Auflage 1919
Am Rhonegletscher
Aufsteigend aus gedrückten Niederungen
erklimmt mein Fuß des Grates schmale Spur.
Wie fühlt mein Geist, von ihrer Macht bezwungen,
jetzo die tiefe Sehnsucht der Natur,
aus ihren starren, ungeformten Hüllen
sich aufzuraffen und die ganze Welt
mit ungeheurem Leben anzufüllen.
Du Gletscher, zwischen jähe Wände hingestellt,
du wiegst in deinem Schoß verborgene Quellen.
Wie hallt's von Stimmen, nur mit Müh gedämpft!
Ich fühl es unterm Eisespanzer schwellen.
O wie dein Sinn noch mit sich selber kämpft,
aus weißem Tod das Leben aufzurufen!
Hinweg! Schon sind, die aus dem Eis sich schufen,
die Wasser, nah am Rand der flachen Schale.
Und höher schwillt's. Und nun mit einem Male
laut überstürzend formt es sich zum Flusse
und donnert hin, erlöst, in jähem Schusse,
hinab ins Tal im Überdrang des Strebens.
Wie tönt das Tal vom Lustgesang des Lebens!
Karl
Stamm . 1890 - 1919
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