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Karl Stamm
Der
Aufbruch des Herzens . 1. Auflage 1919
Bois de Boulogne
In die Träume des Städters haben ferne Wälder hinübergeblaut,
weiße Bücherstunden klare Seen in ihre Seelen getaut.
In ihren Herzen wollte ergrünen ein nie gelebter Mai.
Dunst der Straße und harte Fron würgten aus ihnen den Schrei
nach dem andern, das in weichen Stunden in ihnen schwang,
und das in ihr Leben einging als ein milder, keuscher Gesang.
Und sie riefen die Bäume her, reihten sie ein, lockten aus ihnen das Laub,
wölbten die Kronen, bannten die Stillen, übergrünten den Staub.
Wie Kinder spielen, stauten sie Wasser zu Seen,
legten Brücken zu seligen Inseln, ließen herüberwehn
sanfte Winde und umspülen ihr schattenkaltes Gesicht,
setzten Schwäne in glatte Flut, tauchten die Gondeln ins Licht.
Wallfahrt ein Volk aus grauen Mauern hervor?
Wandelt Menschheit sich in Blumen und Blütenflor?
Freude läutet herein, Hornruf und Echo hallt,
weiß durch die Birken sickert der Menschenwald,
Mädchen reigen auf lichtem Wiesenplan,
dort legt eine Fiedel den wandernden Hain in Bann.
Wirbelnder Hufe Geflock, Reiter in Himmelblau,
hoch steuert ein Eindeck durch weiße Wolkenau.
Noch sinnt Rousseau, lustwandeln Giron und Robespierre.
Ihre Augen sind sanft. Heute ist keiner Herr,
ist mehr als dies: Mauern der Fremdheit fallen ...
bis Nacht heimführt die endlos selige Schar.
Wer verbietet das Glück? Ist alles nicht mehr wahr?
Rot gähnt ein Tor. Darunter stirbt tausendfach das Paradies.
Graue Häusertronten schienen uns ein. Paris.
Karl
Stamm . 1890 - 1919
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