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Karl Stamm
Der
Aufbruch des Herzens . 1. Auflage 1919
Krank
Meine Hände glätten die Linnen, wellen die Kissen.
Heut kommt Besuch.
Ich höre das Trippeln vieler Füße über Böden und Gängen,
ich richte mich auf und bin schon fast gesund.
Heiß hangen meine Blicke an der Türe ...
Aber alle Schritte schlürfen vorüber.
Ich fühle, wie mein Herz verhärtet. Bange Qual
würgt mich bei jedem Jubelruf an fremden Betten,
wo Fieberkranke in einem Meer von Blumenduft versinken....
O meine Freunde, warum kommt ihr nicht?
O diese Türe muß sich öffnen!
Ihr müßt zu meinem Lager treten, müßt
erkennen, wie ich mir fern geworden.
Daß diese Glieder nicht mehr mir gehören,
steht erschüttert, wenn ihr seht, daß sich ein anderer mir eingewohnt.
Ich weiß, ihr lasset mich bei euch verweilen
und seid mir milde Heimat.
O meine Freunde, warum kommt ihr nicht?
Ihr, die ihr oben geht auf Regenbogenbrücken!
Die ihr nichts ahnt von mir. Die ihr die Freude hascht.
Und Wollust trinkt! An heißen Herzen liegt in Rausch und Glut!
Ich weiß es, daß ihr reiner. Aber meine Seele darbt an euch!
Meine Seele stellt euch wider mich,
verdammt euch dumpf zu meinen Gegenspielern.
So spielt mit mir! O knechtet mich! Spielt besser!
O hintergeht mich! Handelt schlecht an mir! Ich jage
euch von Erniedrigungen zu Erniedrigung;
bis daß ihr kommt und kniet....
So unrein bin ich jetzt durch meine Qual.
Ich hasse mich!
Wie arm bist du mein Herz!
So angefüllt mit Tod.
O meine Freunde, kommt!
Karl
Stamm . 1890 - 1919
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