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Der Aufbruch des Herzens
162 Bücher



Karl Stamm
Der Aufbruch des Herzens . 1. Auflage 1919



Terzinen

Und war die Nacht noch vor dem ersten Morgen
und wirkte um mich kein Gesetz der Zeit.
Ich lag in mir gebettet und geborgen.

O Fernsein hinter unzählbaren Türen!
Jede verschloß dumpf eine Ewigkeit.
Doch dunkle Regung mocht ich manchmal spüren.

So lag ich, jedem Tag unendlich weit,
in mildes Licht, das mehr als Licht, verwoben,
ich fühlte schauernd seliges Berühren.

O ferne Stimmen, wundersam, von oben,
sich selbst entquellend und sich selbst genug.
Nicht Sehnsucht hat euch auf zum Ton erhoben.

O die mich damals ganz im Busen trug,
du meiner Kindheit Kindheit, früh geendet!
Du jeder Schöpfung innerer Bezug,

wo ich, noch daseinsfremd, in mich gewendet,
von Gut und Böse fern, in mir verweilt,
vor allem Anfang in mir selbst vollendet,

noch eins mit Gott, Urwesen, ungeteilt.
Wer riß mich aus geliebten Finsternissen?
Wer hat sich zwischen Gott und mich gekeilt?

Wer hat des Einsseins Bande jäh zerrissen?
Blendet mit Licht, wo Dunkel wohlig kühlt?
Nahm mir den Traum und schenkte armes Wissen?

Nun bin ich dumpf ins Dasein hingespült.
Die aberhundert Türen ringsum sanken.
Der Raum brach auf, Zeit hat mich angefühlt.

Aus mir entfaltet Himmel um mich schwanken.
Und feste Erde wölbt sich meinem Fuß,
die ersten Schritte finden starre Schranken.

Mich trennt von mir ein unbekannter Fluß.
Ich hör es dumpf in meinen Schläfen pochen.
Ich weiß nur eins: daß ich hinüber muß.

O wie des Lebens wilde Wirbel kochen!
Nur ich allein bin blind und glühend-stumm.
Und alle Brücken rückwärts abgebrochen.

Ich fühle dunkel rings Mysterium.


  Karl Stamm . 1890 - 1919






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